Sonntag, 13. März 2011

Good bye, Coco

Manches weiß ich einfach nicht, zum Beispiel, wie man in seinem Herzen ein bisschen Licht macht, wenn man furchtbar traurig ist. Ich meine, ich habe ja begriffen, dass wir alle nur auf der Welt sind für eine bestimmte Zeit und dass wir gehen müssen, wenn unsere Zeit um ist, aber was in meinem Kopf Sinn ergibt, muss noch lange nicht mein Herz interessieren. Dort ist es gerade sehr finster, mein Magen ist klumpig und in meinem Hals steckt so was wie ein Riesenknödel, aber nicht, weil ich ihn gegessen hätte, sondern weil ich meinen Freund Coco vermisse. Er ist nicht mehr da. Er ist heute gestorben.

Und jetzt sitze ich hier mit einer schwarzen Gardine vor meinem Denken. Viele Worte habe ich nicht mehr, die ich nun schreiben könnte, denn sie begleiten gerade den Coco in seine neue Heimat. Ich leihe sie ihm gern aus. Mögen die Klänge, das Licht, die Winde und die Wärme ihm ebenfalls Geleit geben. Und dann soll er sich melden, wenn er angekommen ist. Und Bescheid sagen, wenn er sich eingerichtet hat. Ich werde dann schon wissen, dass die extragroße Portion Glücksschauer von ihm kommt, wenn ich demnächst in den Sternenhimmel schaue.  

Bestimmt warten schon der Chicco, der Lee, die Oma Granny Paula und all die andern toten Freunde auf ihn. Vielleicht haben sie ihm ein Büfett gemacht mit Nudelsalat und Erdnüssen, Pfannkuchen und Käseplatte. Sie nehmen ihn in die Flügel, drücken ihn und zeigen ihm, was alles Tolles er dort erleben kann. Er wird sich leicht fühlen und frei, weil er kein Leid mehr hat. Er darf alles essen, darf fliegen bis zum Abwinken und alles zerschreddern, was ihm unter die Krallen kommt. Niemand wird ihn dafür tadeln, höchstens die Oma Granny Paula ein wenig, weil sie wert legt auf gute Manieren, egal wo. So ist sie nun mal, da kann man nichts ändern.

Wenn ich daran denke, muss ich ein bisschen lächeln. Es klingt so gut, dass ich fast finden könnte, unser Leben hier auf der Erde wäre nur ein doofer Abklatsch, voller Entbehrung und Einschränkung. Aber ich bin überzeugt, dass das Bequeme und Angenehme nur schön strahlt vor einem dunklen Hintergrund. Der Coco hatte es schwer, kurz bevor er gestorben ist, aber er hatte es auch gut, weil er bei Leuten leben durfte, die ihn lieb hatten. Ich weiß nicht, ob tote Tiere, dort wo sie jetzt sind, viel an uns, an die Zurückgelassenen, denken. Das ist es ja gerade: Ihnen geht es prima, sie haben viel zu tun mit einrichten, sich zurecht finden, ummelden, die neuen Nachbarn kennen lernen, aber wir bleiben zurück und fühlen den Verlust mit aller Wucht. Unser Leben ist noch immer so wie vorher, nur dass jetzt ein Platz leer ist - und das tut so verdammt weh.

Trotzdem glaube ich, dass der Coco uns nicht vergisst. Er ist ein treues Familienmitglied und ein aufrichtiger Freund. Er kann Liebe von Zufall unterscheiden. Ganz bestimmt wird er auf seiner Einzugsparty das Glas heben und in Richtung Duisburg prosten. Der erste Schluck wird für seine geliebte Mama Gisela sein, der zweite für seinen Papa, der dritte für Cora und der vierte für Julia, Philipp und Tobias: from Coco with love. Noch oft werden sie später zusammensitzen, die neuen alten Freunde, und sich Geschichten erzählen von daheim, von ihren Erlebnissen, von ihrem ersten Leben, von uns.  Wir machen es ja genauso. Die Erinnerung an unsere  Lieben wärmt unser Herz, auch wenn gleichzeitig eine dicke Kordel alles zusammenschnürt. Unsere Trauer ist ein Zeichen, dass unsere Liebe echt ist.  

Mach’s gut, Coco, alter Junge. Du bist ein feiner Kerl. Pass auf dich auf … und bleib glücklich.

© Max: Papageiengeschichten
© Foto: G. H.

5 Kommentare :

  1. Lieber Max, du hast so schöne Worte für Coco gefunden. So einen treffenden Nachruf habe ich noch niemals gelesen.
    Ich hoffe dass es für die Tante Gisela und die Cora ein klein wenig Trost geben kann.
    Danke Max!

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  2. Lieber Max, die Mama und ich möchten uns ganz doll bedanken für wunderschönen Worte, die du für den Coco gefunden hast. Die Mama weint schon wieder. Wir haben Coco heute abgeholt und ihn im Garten begraben.
    Danke, mein lieber Freund
    deine Cora und Gisela

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  3. Stell dir mal vor, was die Mama gemacht hat. Sie hat mir doch tatsächlich einen Paula vor die Nase gesetzt! Ich trauer noch um meinen lieben Coco, und die hat nichts besseres zu tun, als mir so einen Kerl, der auch noch einen Mädchennamen hat, zu besorgen. Wollte ich das?? Ich hatte doch meine Mama und die war bestimmt ganz glücklich, weil ich immer so an ihr klebte.
    Die sagt, es ist besser so. An den Coco denken wir immer, auch wenn jetzt ein anderer da ist.
    Na ja, er sieht ja ganz nett aus, obwohl er ein riesengroßer Klops ist. So ähnlich wie du, aber mit einem gelben Scheitel. Er ist sehr friedlich. Wahrscheinlich haben ihn meine Drohungen gestern sehr beeindruckt. Heute will er sich schon einschleimen, indem er stundenlang an mir herumknuspert. Wenn du ihn mal sehen willst, im KP sind Fotos von Fressbacke.

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  4. Hallo Cora,

    groß ist okay und Fressbacke auch. Nur Paula ... muss das denn sein? Ist das eigentlich modern, dass man sich als Mädchen ausgibt oder umgekehrt?

    Sei doch froh, endlich haste jemandem, der dich erotisch findet. Stattdessen: mecker, mecker, mecker. An deiner Stelle würde ich den Kerl mit Äther betäuben, zum Standeamt schleppen und selbst seinen Fußabdruck auf die Heiratsurkunde drücken. Oder glaubst du, es gibt viele Kerle, die reife Putchen mögen?

    Wie alt ist er denn? Wo kommt er her und ist er auch eine Venezuela-Amazone? Den Rest kann ich ja im Planeten lesen, nur Fotos kann ich dort nicht sehen, weil ich nicht angemeldet bin.

    Sonst schick mir doch einfach 'n Foto per Mail. Oder zwei. Dann kann ich dir sagen, ob er in Ordnung ist.

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  5. Hallo Cora,

    denk bitte nicht dass du mich plötzlich nicht mehr interessierst. Ich durfte nur so lange nicht an den Pez Zeh gehen.
    Deine Mama meint es nur gut mit dir. Natürlich kann niemals nicht ein anderer Kerl den Coco ersetzen. Er wird immer in euren und unseren Herzen sein.
    Den Paula hat deine Mama nur geholt, damit du nicht vor Einsamkeit auf dumme oder eben gar keine Gedanken kommst.
    Guck mal, der Gisela ist ja auch ein Kerl und muss sich mit so einen Namen rum schlagen.

    Wie verträgst du dich jetzt mit "dem" Paula?
    Ist er anständig, behandelt er dich gut? Du weißt ja, ich bin immer noch auf der Suche nach einer so süßen Schnecke wie dich. :)

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