Montag, 27. Dezember 2010

Rätsel 10

Weiter geht's. Diesmal in Weiß:



Eins kann ich verraten: Es ist kein Buntstift und nichts, womit man Spiegeleier macht.

Sonntag, 26. Dezember 2010

Hilfe - mein Schaschlikspieß!

Ist es zu fassen!

Weihnachten ist noch nicht rum, aber schon wird betrogen und geraubt.

Hatte ich der Mia nicht extra Anweisung gegeben, dass sie ihre Krallen von meinem Schaschlikspieß lassen soll? Und was ist das hier?




Na, der hab ich aber was getutet!

Hier bin ich beim Anpirschen:



Über das, was danach kam, decke ich den Flügel der Lücke. Mein Gott, können Weiber schrill plärren.

© Max: Papageiengeschichten

Samstag, 25. Dezember 2010

Meine Geschenke

Na, wie war’s bei euch gestern? Hat sich die Weihnachtsbescherung bezahlt gemacht, oder hat es ihr an Ergiebigkeit gefehlt?
Also ich kann nicht klagen. Das hier kam von meinem Freund Grunzer:



Okay, ein Lamborghini sieht in Frankenland vielleicht etwas anders aus als im Rest der Welt, aber lila ist schon mal große Klasse. Ich habe die Karre neben meine zitronengelbe "Ente" gestellt; da kommt sie prima zur Geltung. Die Haribo haben auch gut geschmeckt, hätten aber ein paar mehr sein können.  Fledermäuse mögen so was nicht, denen tut das Pickel verursachen und Verstopfung - sollte der Grunzer langsam mal wissen. Nicht auszudenken, wenn ich nicht auf alles aufpassen täte.
Dann war noch dies in einem andern Paket:

Bammelspielzeug für artige Amazonen

Das Paket ist von Tante Michèle, von ihr und der ganzen Familie. Es hatte so furchtbar geklappert in dem Karton, als ich ihn geschüttelt hatte. Da dachte ich schon, der Pauli wäre drin und würde mit seinen  Hasenzähnen und seinen Plastikhaarspangen gegen die Wände scheppern. Ihr ahnt gar nicht, wie froh ich bin, dass nur Spielzeug drin lag. Nicht noch ein Austauschschüler, nicht noch einer! Die beiden dusseligen Schaufelhufen und der australische Weißmützenheini sind genug an Zumutung, aber das ist eine andere Geschichte, davon erzähle ich euch später. 

Jedenfalls, die Spielsachen von der Tante Michèle sind super. In Wahrheit sind es noch viel mehr als oben auf dem Foto: gaaaanz viele, alles voll, das ganze Paket. Gebimmel und Gebammel in jeder Größe. Denkt euch - sogar ‘n Schaschlikspieß aus Holzscheiben ist dabei! Den habe ich mir immer gewünscht. Eigentlich muss ich ja alles mit der Mia teilen, doch den Spieß, den kriegt sie nicht! Ich hab ihr gesagt, sie soll die Krallen davon lassen und lieber an den Lederbändern knappern, das täte ihrem Lippenstift viel bessere Schonung erteilen. Vorsichtshalber habe ich den Schaschlik sofort beiseite geräumt. Hier seht ihr mich bei der Vorbereitung auf die erste nähere Qualitätsprüfung:

Ich mit dem Schaschlikspieß

Und hier bin ich bei der Liebko… äh … bei der praktischen Anwendung. Och joa, sieht gut aus am Kletterbaum. Liegt auch gut im Fuß. Danke, Tante Michèle, das hast du gut ausgewählt.


Von der Mama und der Mia habe ich natürlich auch Geschenke bekommen. Vom Wunschzettel waren aber nur drei dabei. Das Juckpulver fehlt leider und auch die Zwille mit der extra breiten Einlegeschlaufe für etwas größere Wurfgeschosse. Das finde ich ärgerlich. Die Mama hat wissen wollen, wofür ich das brauchen täte. Dabei hat sie so ‘nen komischen Ton an der Stimme gekriegt, so wie es Leuten passiert, die gerade denken, sie hätten einen noch rechtzeitig vom Doppelmord an zwei harmlosen Ming-Vasen abgehalten. Was die Mama immer hat! Dem Roosevelt ging es doch gut. Nur der Otis war nach der vielen Schokolade noch kackbrauner als sonst und war die halbe Nacht nicht vom Eierbecher runtergekommen. Mich tat das stören, deshalb hatte ich eine Tupperdose drübergestülpt.

So, das war mein Bericht vom diesjährigen Gabentisch. Was sonst noch drauflag, verrate ich nicht. Ihr werdet sonst neidisch. Jetzt gehe ich in die Küche und probier meinen neuen Chemiebaukasten aus. An der Farbe muss ich noch was ändern; die Mama hat sich gestern sehr erschrocken über die neongrüne Bratensoße.

© Max: Papageiengeschichten

Sonntag, 19. Dezember 2010

Rätsel 9

Langsam glaube ich, ihr könntet denken, wir haben alles in Schwarz:



Dies ist wieder leicht. Trotzdem ein Tipp: Es ist kein Frühstücksbrettchen, wo ich mein Nutellabrot drauf schmiere.

Samstag, 18. Dezember 2010

Unglaublich …!

Und das so kurz vor Weihnachten. Das wird der Geschichtsschreibung neue Kehrtwende geben. Ratet mal, was ich entdeckt habe?

Bei uns war gestern Adventsbasar im Freizeitheim. Jeder durfte dort ausstellen, was er gebastelt hatte oder nicht mehr gebrauchen konnte. Wir hatten einen Stand gemeinsam: die Mama mit ihren selbst gedrehten Pralinen, die Mia mit Tausch von Geo-Cache-Trophäen und ich mit meinen doppelten Matchbox-Autos. Es gab gut zu tun, vor allem wegen Geld kassieren, denn Mamas Konfekttütchen waren die heißesten Semmeln unter all den Strohsternen und den gestrickten Eierwärmern. Und dann musste natürlich mit jedem Kunden stundenlang geschnattert werden, meist übers Backrezept, aber wenn den Leuten nichts mehr einfallen wollte, dann tat’s auch Ansprache über den Schnee und die Qualität der Hallenheizung. Mir war so, als hätte der Weihnachtsmann mich höchst persönlich fürs Testen seiner Rentierglocken ausgewählt. Das war ein Gebimmel und Gebammel in meinen Ohren ohne Erbarmen.

Ich bin bald abgehauen. Mal gucken, was die andern zu verkaufen hatten. Und wie ich da herumklettre von einem Campingtisch zum nächsten, denk ich, ich guck nicht recht. Da hatte einer Krimskrams vom Flohmarkt aufgebaut: alte Weingläser mit Oma-Schliff und ‘ne Drahtkatze zum Anbieten von Salzstangen, dazwischen lag so ‘n gelber Fetzen Papier mit Fransenrand, so wie man ihn sonst nur zu sehen kriegt im Museum im Guckkasten unter Glas. Ich habe natürlich gleich gewusst, was für ‘ne Sensation das war, ich tat mir aber nichts anmerken lassen wegen Runterdrücken vom Kaufpreis. Mein Gesicht war eine einzige Idiotenmine. Der Mann, dem das Papier gehörte, sollte erst mal verraten, wo er das Ding herhatte.
„Von meinem Onkel vom Dachboden“, hat er gemeint. „Keine Ahnung, was es damit auf sich hat."

Dann hat er erzählt, dass sein Onkel Ägyptologe gewesen sei (das sind Menschen, die sich für vergangenen Wüstensand interessieren), aber nur aus Hobby. Von all dem vergilbten Papierzeug wäre nur dieser eine Zettel  übrig geblieben. Darauf täte irgendwas vom Königsfriedhof in Giseh dargestellt sein oder ‘ne andere Gravur vom Nachbarort, keine Ahnung, er täte sich damit nicht auskennen. Wenn ich den Zettel haben wolle, für 50 Cent wäre er meiner.

Na, ob ich da zugegriffen habe! Dieser Schwachkopp – denkt, es würde sich um einen gewöhnlichen historischen Werbeprospekt handeln: „Heute billig Feigen von der Oase „Anubis“, das Kilo gegen 2 Pfund Nil-Hecht“ oder so was in der Art. Schön blöd. Jetzt gehört die Sensation mir!

Ich bin sofort nach Hause geflogen. Die Mia hat mir dafür später den Flügel um die Ohren gehauen, weil sie und die Mama am Abend alles allein wieder abbauen und nach Hause schleppen mussten, aber das war mir egal. Der Zettel lag jetzt im Glasrahmen von Mamas Freischwimmerausweis mitten auf dem Esstisch und ich saß daneben und tat mich in erster Interpretation üben.

Die Entzifferung ist viel einfacher, als ich gedacht hatte, zumindest der erste Teil. Ich tu euch das mal erklären, ja? Hier unten seht ihr den Zettel.


Wie gut zu erkennen ist, geht‘s um eine Küchenszene. Ein Kantinensklave hält einen Kochlöffel in der Hand. Er möchte ein Hähnchengericht zubereiten. Das sieht man an der Ente, die über ihm schweben tut. Sie soll gleich in die Suppe. Links am Rand sind die Messer aufgereiht. Darunter, unter dem Kochlöffel, werden die Leute vorgestellt, die dann zum Frikassee erwartet werden, und darüber, oberhalb des Kochlöffels, sind die Gewürzdöschen beschrieben.

So weit ist alles noch ganz einfach, nicht wahr? Jetzt aber kommt’s. Seht ihr, was da rechts unten ist? Ganz unten in der Ecke? Richtiiiiig! Das ist eine Amazone. Schafft ihr Ermessen, was das bedeutet? Bisher hat es doch immer geheißen, wir Amazonen wären gebürtig aus Mittel- und Südamerika, aber jetzt taucht plötzlich einer von uns in Ägypten auf, und das schon vor 5000 Jahren. Wie kommt er dahin? Damals gab’s doch noch keinen internationalen Handel mit uns. Wie auch, wenn Christoph Kolumbus und seine Amerika-Entdeckung noch gar nicht geboren waren.

Nun, wenn so etwas voll der Fragezeichen und voller Ungeheuerlichkeit passiert und niemand da ist, der einem das erklären tut, dann muss man selbst nach Antwort suchen. Wie gut, dass ihr mich habt. Es ist nämlich so: Mein Vorfahre, der hier abgebildet ist, muss von Costa Rica übers Meer geflogen sein. Vielleicht hat er auch ein Floß benutzt und hat sich von Wasserschweinen rüberrudern lassen, oder Thunfische haben ihn gezogen, bis er am Strand von Marokko endlich aussteigen durfte. Jedenfalls war es eine große Leistung. Man braucht Köpfchen dazu. Und Mut. Möwen sind dafür viel zu langsam, Geier zu eitel und Falken zu blöd.

Wie er dann nach Ägypten gekommen ist, ist leider genauso wenig aufgemalt wie sein Name und sein Alter. Möglich ist wiederum, dass er geflogen ist oder mitgeschunkelt auf einem Kamelrücken mit einer Wüstenkarawane. Irgendwann war er jedenfalls da. Er hat einen wichtigen Beruf ausgeübt, das steht schon mal fest. Denn sonst wäre er dort nicht hingemeißelt worden, wenn er nur der Karottenschrapper vom Hilfskoch gewesen wäre. Wahrscheinlich war er der Berater vom Chefkoch oder der Facility Manager vom gesamten Kantinenbetrieb. Oder aber er hat sogar als Chemiker gearbeitet. Diese Leute waren nämlich besonders geachtet, weil sie so tun konnten, als täten sie das Essen vom König vergiften, damit wiederum die Vorkoster ihren Job machen durften. So ging alles Hand in Hand. Wer auf Gravur landete, gehörte zur Palastcreme – und mein Vorfahre war einer von ihnen!

Über die Details muss ich noch weiteres Kopfzerbrechen machen. Ich werde mal vorsichtige Recherche in Historien-Foren einholen. Zeit genug habe ich ja jetzt, denn die Mama hat mir Hausarrest gegeben, weil ich doch gestern ohne Abmeldung abgehauen bin. Ich hoffe, jemand schenkt ihr zu Weihnachten einen neuen Bilderrahmen, bevor sie merkt, dass da jetzt mein Wüsten-Dokument drin hängt. Natürlich habe ich ihr nichts erzählt von meiner Entdeckung. Sie täte es sowieso nicht verstehen. Sie hat mehr Interesse für Pudding kochen, abspülen und Voliere putzen. Mit solchen Leuten kann man keine geistige Unterhaltung pflegen.

Aber ihr andern – ihr verratet mich doch nicht etwa? Ich will nicht, dass mir die Presse die Bude einrennt. Erst mal muss ich Kontakt herstellen zur internationalen Fachwelt, dann erst tu ich an die Öffentlichkeit gehen. Also bitte: psst über meine Entdeckung, Stillschweigen halten.

© Max: Papageiengeschichten

Dienstag, 14. Dezember 2010

Futterberatung

Endlich, darauf hatte ich gewartet. Mein Termin war da, meine Exklusivberatung bei so ‘ner Mampf-Marie, die gesundes Vespern studiert hat.

Nicht, dass ich das nötig hätte, ganz und gar nicht, schließlich bin ich nicht dick, aber wenn man als Hennenheld weiterhin so erfolgreich sein will wie ich, dann muss man zusehen, dass alles voller Geschmeidigkeit und Energie bleibt und man nicht aus Versehen was verschenkt an Potential. Immer nur Hanteln stemmen und Enerschie-Drinks schlucken tut ja auf die Dauer sehr einseitig sein. Heißt es nicht: „Nur wenn Vitamin und Folsäure fröhlich pfeifend deine Kloake verlassen, dann hattest du die richtigen Freunde zu Gast“?

Seht ihr, deshalb wollte ich meiner Ernährung mal ganz offiziell Absegnung geben. Wir haben hier in der Nähe eine Weiberschleuse, „Gesundheits-Center“ genannt, wo sich Hausfrauen die Rundhüften abhopsen und anschließend in der „Relax-Launsch“ sitzen und an Rucola-Blättern knabbern. Dort tut auch eine Professionelle arbeiten, also eine, die wissenschaftlich genau weiß, welche Kalorie voller Aufmunterung weitergeleitet werden darf und welche getadelt werden muss. Bei ihr macht die Gebühr nicht so ein großes Loch in mein Taschengeld (und in die Ersparnisse vom Roosevelt und vom Otis), daher hatte ich mich dort zur Anmeldung entschlossen; sonst wäre ich nämlich lieber zu ‘nem richtigen Kerl gegangen, der auf Männer spezialisiert ist, im Box-Club zum Beispiel oder bei den Bodybuildern. Aber sie war ganz nett. Melanie hieß sie. Ihre Figur tat sich gut eignen, um meiner Mama Heulkrämpfe zu verpassen.

Zum ersten Termin war ich nur wegen Angucken da. Ich hatte an die Tür geklopft und war auf dem Schreibtisch gelandet, nachdem sie „Ja, bitte“ gerufen hatte. Sie tat mich anglotzen:
„Du bist ja ein Vogel!“
„Na und?“, habe ich geantwortet. „Ist das ‘n Problem?“
„Nein, nein“, hat sie schnell Hinzufügung gemacht (bestimmt, damit ich nicht wieder abhaue und ihr nicht mein Geld durch die Lappen geht). Sie täte sich nur noch mal rasch in die Materie einlesen müssen, ich wäre der erste Vogel seit ihrem Examen. Dann ist sie aufgestanden und hat Zettel aus einem Karton gekramt. Die soll ich mit nach Hause nehmen, ausfüllen und zum nächsten Termin wieder mitbringen. Das war alles. Ich bin dann noch kurz unten in der Halle beim Weiber-Imbiss vorbeigeflogen. Ob sie Currywurst hätten, habe ich den Saftpanscher hinter der Theke gefragt. Nein? Na, macht nichts, dann täte ich eben zur Pommesbude gehen. Bei einer Frau mit Ringelwolle um die Waden und Bademantel in Schweinerosa habe ich freundliche Erkundigung eingeholt, wie rasch denn die Joghurt-Pampe, die sie da löffeln würde, wirken täte. Nicht so flott, was? Aber sie soll sich nicht grämen, Buddha und Pavarotti wären schließlich auch dick gewesen und trotzdem berühmt geworden.

Daheim habe ich die Zettel auf dem Esstisch ausgebreitet. Was die alles wissen wollten! Gewicht ging ja noch. Das weiß ich von meiner letzten U-10-Untersuchung. Da hatten sie mich in einen Eimer gesteckt und auf die Waage gestellt. 588 Gramm tu ich wiegen. Das ist absolute Spitzenqualität, weil ich groß bin. Jawohl. 40 cm, gemessen vom Schwanz bis zum Scheitel. Okay, da muss man noch ‘n bisschen was abziehen, weil, wenn ich stehe, die Beine ja kürzer sind als der Schwanz – aber nicht viel! Ganz genau kann man das sowieso nicht messen, denn dazu müsste ich mich an so ‘ne Strichlatte an die Wand stellen. Doch das geht nicht  – da ist der Schwanz im Weg. Entweder müsste ich ihn hochklappen, um den Hintern an die Wand zu drücken, aber dann würde mein Kopf nach vorne abstehen, oder ich hätte den Schwanz vorne zwischen die Beine geklemmt und der Hintern täte passen, aber dann wäre der Rücken krumm. So hat mich die Mama einfach mal flach auf den Tisch gelegt und das Messband angehalten. Seitdem bin ich eben 40 cm groß – basta. 

Ich vorm Messen

Ha! Ob ich Alkohol trinken würde, stand da noch. Bin ich der Coco? Und ob es Krankheit in der Familie gäbe, Diabetes oder Jodmangel. Da habe ich hingeschrieben: „Die Mia, meine Mitbewohnerin, tut zu viel Gelee-Bananen naschen, und unserer Mama (Menschenfrau) schwillt der Hals an und glubschen die Augäpfel raus, wenn sie mich zusammenbrüllt.“ Ich tröpfel ihr manchmal heimlich Jod aus dem Medizinfläschchen in die Gulaschsuppe, damit es besser wird, aber hingeschrieben habe ich es natürlich nicht, dort ins Formular, wegen Privatsphäre. Meine Behandlung ist schließlich noch in der Beta-Version, und nicht dass ich später meinen Nobel-Preis mit jemanden teilen muss.

Oder wie es stehe mit Unverträglichkeit und Allergie. – Ja, hier! Gegen alles Rotobst, gegen Spinat, Lebertran und Karottensaft. Dann kam der wichtigste Teil: das Mampf-Protokoll. Dazu muss man eine Woche lang aufschreiben, was man sich in den Schnabel schiebt. Man darf nichts weglassen, nicht mal den Hustenbonbon zwischendurch. Ich habe sieben Blätter aus Mamas Taschenkalender gerissen und einen Stift daneben gelegt. Am nächsten Morgen ging’s los.

Nun, ich will euch keine Langeweile bereiten mit dem Kopieren der ganzen Liste; ich gebe euch hier nur Ausschnitt wieder, nämlich den ersten Tag; das tut reichen für einen Eindruck. Ich habe Folgendes gegessen:

2 Scheiben Toastbrot mit Butter und Nutella
3 Spekulatius
3 Dominosteine
1/4 Apfel á 50 g
1 Würstchen
3 Esslöffel Kartoffelsalat (mit Creme fraiche, Erbsen und Majo)
1 Klecks Ketchup
1 Schälchen Vanillepudding (selbst gekocht)
17 Salzstangen
8 große Paprikachips
14 „Würmer“ (Erdnussflips)
5 Fischli
1 Scheibe Toast (Vollkorn) mit Quark (40 % Fett)
1 Brathering aus dem Glas
1 Mon Cherie
3 Marzipankartoffeln

Zu trinken:

5 Becher Kakao (Pulver)
1 Glas O-Saft
2 Gläser Cola light

Als die Woche um war, bin ich mit den sieben Zetteln und den andern Formularen zurück zum Korpulenzzentrum geflogen und habe sie bei der Mampf-Beraterin in den Briefkasten gesteckt. Danach musste ich noch ein paar Tage warten, bis sie alles ausgewertet hatte. Am vorigen Donnerstag saß ich wieder bei ihr auf dem Schreibtisch. Sie tat ernst gucken. Ich hatte schon Schreck, dass sie mich nun zwingen täte, als Vorzeigemodell für vorbildliche Ernährung mit auf Seminar zu gehen. Doch sie hat nur geseufzt und „Tja ...“ gesagt. Dann ging das Gesäusel los:
„Mein lieber Max ...“
Wenn Weiber schon so anfangen, braucht man seine Gehirnzellen gar nicht erst zum Apell antreten zu lassen, dann stellt man seine Ohren am besten gleich auf Orkan.
„Weißt du denn, was Amazonen so essen?“, hat sie wissen wollen.
„Natürlich“, habe ich geantwortet. „Steht doch alles auf meinen Zetteln drauf.“
Nein, das täte so nicht ganz stimmen, machte sie Behauptung, bei meinen Verwandten in Costa Rica oder wo genau ich herstamme wäre es ein klein wenig anders.
„So?“
Was geht mich der Futterplan meiner Cousins und Cousinen im Dschungel von Nicaragua an? Ich tu sie ja noch nicht mal kennen.
„Sie ernähren sich von frischem Obst, pflücken Bohnensamen von den Sträuchern und trinken sauberes, klares Wasser.“
Ihre Stimme hatte was von Tadel und Triumpf. Den Tonfall kenn ich von meinen Weibern daheim, besonders wenn Kopfschütteln oder Zungenschnalzen dabei ist.
„Na und? Öko-Freaks gibt’s überall.“
Sollte ich der Tante jetzt vom Grunzer und seinen Bio-Karotten erzählen?
„Fällt dir nichts auf, Max?“, tat die Melanie irgendwann wissen wollen, nachdem ich ihr mit Schweigen und verschränkten Flügeln lange Trutzwall gegeben hatte.
„Nö.“
Da hat sie wieder Seufzen vorgeführt und angefangen, von Calcium zu erzählen, von Riboflavin und von Kohlenhydraten.  Dass ich von dem Einen zu wenig hätte, vom andern zu viel und überhaupt alles ganz traurig und schlimm wäre.
„Du futterst zu fett, zu einseitig, zu viel!“

Kann gar nicht sein. Die „Würmer“ sind aus gesunder Freilandhaltung, ein kalorienarmer Apfelschnitz war ja auch dabei, und wenn ich die Chipstüten beiseite lege, ist immer noch was übrig für morgen.
„Du musst besser aufpassen, was du isst, Max.“
Meinte sie wirklich mich? Ich tat mich vorsichtshalber umgucken, ob sie nicht etwa einen andern Patienten neben der Tür vergessen hatte.
„Von den Süßigkeiten und dem Knabberkram darfst du nur einmal in der Woche was essen; Ketchup und Mayo sind tabu, Cola auch. Stattdessen: gekochter Broccoli, Salat, Birne, Mango, Papaya, ab und zu ein Löffelchen Magerquark und viiiiiiel Wasser zum Nachspülen.“

Mich taten nun endgültig Zweifel bedrängen, dass die Lady Ahnung hatte von Papageien-Bedarf. Ich wolle ja nicht neugierig erscheinen, habe ich deshalb voller Verständnis gesagt, aber mich täte schon sehr interessieren, über welche Vögel sie Ausbildung gemacht habe. Über Finken und Kolibris vielleicht? Das täte nämlich eher hinkommen. Sie könne es ruhig zugeben, denn das ergäbe wenigstens Sinn von den popeligen Portionen her und von der grässlichen Zusammensetzung.

Sie aber hat nur weiter stur geglotzt und zwischendurch wieder Seufzerei ausgestoßen. Schließlich hat sie unter den Schreibtisch gegriffen und ein großes Blatt auf die Ablage gelegt. Ob ich erkennen täte, wer darauf abgebildet sei, hat sie wissen wollen. – Natürlich, das links auf dem Bild, das war ich. Ich hatte ihr das Foto ja selbst mit reingelegt in den Umschlag, weil es so in den Forderungen auf dem Formular gestanden hatte.
„Schön, und wer ist der andere Vogel rechts daneben, Max?“
Hm ... trotz genauer Untersuchung tat mich der Kerl absolut nicht tangieren.
„Tut mir Leid – wir kennen uns nicht.“
„Ach hör doch auf – das bist auch du! Guck genau hin. So wirst du mal aussehen, wenn du weiter so unvernünftig futterst wie jetzt. Das ist eine Computersimulation, ein Zukunftsbild.“

Vorher - nachher

Tatsächlich, der Wampenheini war ich. Ha! Ich mit dickem Bauch. Ulkig.
„Toll, kann ich das Bild behalten?“, habe ich gefragt.
Mir war, als wäre die Mampf-Gutachterin ein wenig in sich zusammengesunken, aber das kann auch getäuscht haben. Jedenfalls hat sie mir das Bild in eine Tüte getan, zusammen mit allerhand andern Blättern, wo Tabellen drauf waren und Menü-Tipps, und hat mir zum Abschied den Fuß geschüttelt. Es ging alles ein bisschen plötzlich. Aber ich hatte sowieso keine Fragen mehr. Unten im Hof stand gerade ein Müllcontainer offen. Das passte gut, denn so konnte ich mein Bild aus dem Kuvert nehmen und dem Rest gleich umweltgerechte Entsorgung geben.

Im Nachhinein frage ich mich, ob sich das viele Geld gelohnt hat. Ich meine, was habe ich erreicht? Ich bin bei einer Expertin für Kolibri-Diät gelandet. Andererseits habe ich ein klasse Fantasie-Foto von mir bekommen. Aber steht das in gutem Verhältnis? Ach, egal. Ich werde der Tante zu Weihnachten eine Tüte Backpflaumen ... nein, besser noch Nougatringe ... ja, genau, Nougatringe ... schicken und eine Karte dazuschreiben:
„Genießen Sie mal Entspannung.“
Bei vielen Leuten nämlich tun zu viel Ballaststoffe verkrampfen. Die Menschen werden dann humorlos.

© Max: Papageiengeschichten

Sonntag, 12. Dezember 2010

Rätsel 8

Nach langer Zeit kommt mal wieder was in Schwarz:



Tipp lautet diesmal: Man braucht es nicht zum Schwimmen, nicht zum Kochen, und in Grün gibt es das auch.

Ho ho ho

Es ist wieder so weit, die Pflicht ruft: Also latschen wir ohne Klagen Tannennadeln durch die Wohnung, schaukeln auf dem Adventskranz, kegeln mit den Mandarinen Dominosteine um, rösten Erdnüsse über der Kerze, bis die Rußfäden Flecken auf die Tapete machen, und tunken Spekulatius in den Kakao, dass uns der Magen schäumt.

Wir wünschen euch allen eine tolle Weihnachtszeit. 

Viel Spaß. Viel Freude. Viel Glück.

Dies kommt von Herzen von eurer Mia und eurem Max


Dienstag, 7. Dezember 2010

Rätsel 7

Hier eine neue Herausforderung:



Tipp: Es ist leicht zu errraten.

Viel Spaß.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Doch noch frei laufende Paulis?

Es gibt neue Erkenntnis aus der Pauli-Forschung. Ein Team aus internationalen Experten macht Annahme, dass es in abgelegener Wildnis noch Exemplare von einheimischen Paulis gibt. Dieser Hinweis wurde gefunden bei der Suche nach verbuddeltem Mandarin-Haushaltsgerät. Wo genau das Foto geknipst wurde, verraten die Entdecker aber nicht, damit nicht jeder Justin und nicht jeder Kevin gleich losrennt, um Sensationsguckerei am Fundort zu machen. Mir ist es allerdings gelungen, das Foto in meine Krallen zu kriegen. Seht selbst. Für meine Leser ist mir kein Preis zu teuer. 


Aufregend, nicht? Ich hoffe sehr für unsern verwirrten weißen Hochländer bei Tante Michèle, dass ihm das Trost geben wird, weil er nun nicht mehr allein ist. Bestimmt wird er bald Vergleich machen können, ob er noch genauso aussieht wie seine wilden Verwandten und ob die alle eigene Namen haben, oder ob er der Einzige ist mit kompletter Abweichung von seiner Art, so dass man mit völligem Recht Mitleid fühlt mit der armen Socke. Ich meine, es muss doch schön sein, wenn man endlich seine Sippschaft wiederfindet, nicht wahr? Sobald es Neues gibt, berichte ich natürlich weiter.

Bei der Gelegenheit habe ich übrigens zwei andere Fotos erwerben können. Sie waren nicht ganz so teuer. Lange hatte ich mich in Überlegung gewälzt, ob ich sie euch zeigen soll, denn sie sind nicht ganz ohne brisant. Aber dann siegte mein reines Reporter-Gewissen, wo nichts Dreckiges dran klebt, und außerdem könnt ihr ja auch 'nen ordentlichen Happen vertragen, ohne gleich wegzuweichen wie 'ne Salzstange in der Spülmaschine. Wir sind ja alles Tiere voller Aufklärung und gutem Urteilsmanagement.

Also aufgepasst, hier kommt das erste Beweisfoto. Es stammt von einem Fotografen, der anonym bleiben will. Er wohnt in Franken. 


Wer hätte das gedacht? Der Grunzer – so was! Aber sicher handelt es sich nur um eine peinliche Verwechslung. Es gibt ja Tausende von Grunzers in Frankenland, und ganz bestimmt ist es total falsch, hier die Annahmen zu hegen, es handelte sich um den Beweis für ein Doppelleben. Wer so was denkt, ist ... na, Mensch, jetzt fällt mir das Wort nicht mehr ein. Jedenfalls, ich denke so was nicht - ich wollte es nur gezeigt haben. Nix sonst.

Das zweite Bild ist ... gniiieee ...  aufgenommen vom Satellitendienst "Spektakel-View". Die haben da so Kameras, die herumsurren immer um die Erdkugel, und mit denen kann man jeden Taubenschiss auf dem Pflaster heranzoomen. Denen tut nichts entgehen. Deshalb habe ich jetzt die Freude euch mitzuteilen, dass die Cora in der ausländischen Pampa eine große Berühmtheit ist. Dieses Straßenschild steht in Venezuela.


Irgendwie nicht viel los dort, ne? Nun wäre es aber ganz falsch, wegen der Wüstenumgebung auf Bedeutungslosigkeit zu schließen. Ganz im Gegenteil, der Wüstenflecken in Venezuela unterhält Landschaftspartnerschaft mit einem Park plus Abenteuerspielplatz in Duisburg. Man macht gegenseitige Inspiration. Unsere Cora ist darin verheddert mit Ehrenamt und Spendensammelei. Das tut man ihr danken mit diesem Schild. Umgekehrt heißt die Sandkiste in Duisburg jetzt "Popel-Venezia". Ich habe gelesen bei meiner Recherche, dass im kommenden Jahr eine Delegation von Anden-Geiern in Duisburg erwartet wird. Ich seh schon das Gesicht der Tante Gisela vor mir. Die wird Augen machen! Fünf spanisch sprechende Nackthälse mit Puschelkragen und Wunsch nach Gammel-Hackfleisch um ihren Esstisch. Danke für dieses Kopfkino, Cora. Du bist echt die Größte.

Zum Schluss verrate ich euch noch, was ich mir von meinem Taschengeld gekauft habe (nicht von Mamas Küchenspardose wie die drei andern Bilder). Da ist es. Es stammt auch von „Spektakel-View“. Kommentar brauche ich wohl nicht abzugeben – Elite tut sich halt immer von ganz allein durchsetzen. 


Dienstag, 30. November 2010

Rätsel 6

Diesmal bin ich etwas spät dran, daher gibt es ausnahmsweise ein Doppelrätsel. Hier der erste Teil:


Die Frage lautet: Wer ist dieser umwerfend aussehende Amazonenhahn?

Die zweite Frage heißt: Was ist dies hier?



Wie immer helfe ich mit Tipp: Oben das ist eine ganz berühmte Persönlichkeit, und unten das ist aus Metall.

Noch ein Hinweis: Wer gewinnen will, muss beide Rätsel richtig lösen.

Sonntag, 21. November 2010

Rätsel 5

Hier zur Abwechslung mal was Schickes in Schwarz:



Es ist nicht aus Wolle und hat nichts zu tun mit Fernsehansagerei oder Philosophiestudium.

Sonntag, 14. November 2010

Rätsel 4

Weiter geht's. Was ist nun dies?



Wie immer will ich euch mit Tippgebung helfen: Wenn man es aus einer andern Entferung fotografiert, macht es anderen Anschein.

Toi toi toi.

Donnerstag, 11. November 2010

Schrumpelputchen

Also, ich weiß ja nicht, wie ihr es so haltet; mich jedenfalls befallen Sorgen. Jetzt bin ich schon sieben Jahre alt und noch immer kein Mann. Ich meine, natürlich tu ich Intelligenz, Stärke und Überlegenheit fühlen, nur kommt mir Verdacht, dass es da noch was anderes gibt, irgendwas, wovon ich nichts wissen tu, was aber schon längst in mir Herrschaft eingenommen haben sollte. Ich muss immer an das Lied von Peter Maffay denken, wo er singt, dass er am Strand aufwacht und plötzlich ein Mann ist. So einfach hätte ich’s auch am liebsten. Aber jetzt ist es November und kalt am Strand. Außerdem bin ich ein Vogel und will nicht warten, bis ich ein 16-Jähriger Opa bin. Da muss es noch ’ne andere Lösung geben.

Ich habe ein bisschen Recherche gemacht im Netz. In den Foren, wo sich unsereins treffen tut, spricht man aber nicht darüber; da pflegt man schamhaftes Schweigen. Oder man macht geheimnisvolle Neckerei wie der Bömmel, der mich fragt, ob ich endlich Bescheid wüsste. Daher bin ich froh, dass es noch meine Freunde vom Tauschclub „TC Matschbox 94“ gibt. Das sind wenigstens noch richtige Kerle ohne Blätter vorm Mund. Da kriegt man auf alles Antwort. Ich meine, ich tu ja nicht Fortpflanzung anstreben, das finde ich ekelig, und erst recht nicht will ich erotisches Anstarren machen … bäh! … so tief bin ich schließlich nicht versunken und da will ich auch nie, nie, nie landen, aber das andere, was einen zum Mann macht, das täte ich schon ganz gern mitnehmen.

Genauso habe ich’s den Kumpels vom Tauschclub erklärt, und da haben sie gesagt, am besten täte ich mir ’ne reife Henne suchen. Die hätte nämlich Wissensvorsprung und könnte mich einführen in den Zauber vibrierender Gockel-Lenden. Jedenfalls würde ich viel mehr davon haben, als wenn sie mir alles ganz genau voller Nüchternheit aufschreiben täten. Das gab mir Einleuchten, und so habe ich überlegt, welche reife Henne dafür in Frage käme. Ich kenn aber nur die Marco, die Cora und die Bubi. Die Bubi will ich nicht dem Grunzer wegnehmen; außerdem war sie gerade erst bei uns zu Besuch, da wüsste ich keinen Grund, warum sie gleich noch mal kommen sollte. Die Marco wiederum hat Vorliebe für Plüschmänner und ist sowieso gerade eingenommen wegen Präparieren für den Abtanzball, also tut nur die Cora übrig bleiben. Okay … was sein muss, muss sein. Manchmal tut man eben keine Wahl haben.

Der erste Schritt war noch einfach. Ich habe die Cora zu uns eingeladen und sie hat auch voller Bereitwilligkeit zugesagt. Zum Abholen am Bahnhof habe ich die Mia geschickt, weil ich noch zu tun hatte im Bad wegen Parfümierung. Gut riechen ist nämlich wichtig beim Belatschern; das tut man in jedem Ratgeber lesen. Auch die Tauschkumpels hatten gesagt, ich soll mich schön duschen und dann Aftershave unter die Fußsohlen reiben. Allerdings besitze ich ja kein eigenes Parfüm, deshalb habe ich das Kümmelöl ausm Alibert genommen. Sonst kriege ich das immer von der Mama aufm Löffeln zum Runterschlucken für Volumenbeseitigung nach Sauerkraut, doch wenn man wartet, bis das Öl eingezogen ist, macht es weiche Haut und es gibt auch keine Abdrücke auf dem Teppich.

Am Nachmittag ist dann die Cora gekommen. Sie hatte eine dunkelblaue Baskenmütze auf und knallrot lackierte Krallen. „Hallooo…ooo“, habe ich ihr einladende Begrüßung zugehaucht, aber sie hat nur „Na, Dicker?“ geantwortet und dann in die Luft geschnuppert:
„Gab’s heute Sauerkraut bei euch?“
Nun gut, vor so was hatten mich die Tauschkumpels gewarnt: Die meisten Hennen seien zunächst etwas spröde, ich sollte mich aber nicht entmutigen lassen, sondern stures Weitermachen befolgen. Also habe ich gesagt:
„Cora, du siehst klasse aus … du wilde Schnecke … du“, und vorsichtshalber Augengeplinker zugefügt.
Die Mia kriegte Glubscher so groß wie Traktorräder. Die Cora hat nur gekichert in so ’nem Ton, womit manche Leute auf Pauschalurlaub runtergucken, weil sie selbst á la carte verreisen. Ich fand, für den Anfang hatte ich mich gut verkauft. Der Rest würde auch noch flutschen. 

Cora im Reise-Dress

Immer wenn die Mia oder ich Freunde einladen, kriegt unsere Mama Anfall von kindischem Getue. Diesmal war’s auch nicht anders. Die Cora wurde hochgehoben und abgeschmatzt und dann in Befragung genommen: wie’s ihr gehe; ob sie abgenommen habe, sie sei ja so entzückend schlank; was der Coco mache, die Tante Gisela und die übrige Familie; ob Cora viel Zeit und Spaß mitgebracht hätte und wie toll ihr dieser französische Pfannkuchen da, also diese komische Baskenmütze stehen täte. Endlich war das Gesülze vorbei, die Cora konnte mit der Geschenkverteilung beginnen. Die Mama hat ’ne Schachtel Weinbrandbohnen gekriegt, die Mia ’ne Tüte saure Heringe, ich ’ne Stange Kaugummi und die Matschfalter Ingwerstäbchen vom Pralinenstand.
„Dass du mir die nicht aus dem Fenster wirfst, Max, hörst du!“, hat die Mama Ermahnung gerufen, und die Cora ist mit der Mia abgedampft ins Wohnzimmer wegen Studium der Schlüpper-Kataloge.
Mir war ein bisschen bange, dass mir die Zeit wegrennt, weil ich ja noch Mission zu erledigen hatte, aber die Cora schon morgen wieder abfahren wollte. Ich musste unbedingt näher ran an die Cora, am besten allein an einem Privatort nur für uns zwei.

Zum Abendessen sind die Weibsen wieder aufgetaucht. Die Mama hat gefüllte Paprika gemacht, ich hatte die Servietten neben die Teller gelegt. Auf gebetteltem Wunsch von der Cora mussten die beiden Pelzfliegen mit aufm Tisch sitzen. Sie futtern ja sonst immer separat, was schon allein deswegen angenehm ist, weil wir zu Abend essen und sie frühstücken. Die Mama hatte ein wenig Hackfleischfüllung auf ’ne Untertasse gehäuft und ihnen ein aufgefaltetes Tempotaschentuch übern Kopf gezogen als Klecker-Poncho gegen die Tomatensoße. Da war die Cora glücklich; sie ist ja ganz vernarrt in den Roosevelt und den Otis. An Konversation ist aber nicht viel gekommen von ihr. Sie hat nur von ihrer Rotobstplantage daheim im Garten erzählt, was die für eine Arbeit mache, und dass ihr Papa ’n Brillenetui von Boss besitzen täte.
„Tooooll!“, hat die Mia gegrunzt und Selleriestückchen an den Tellerrand sortiert. Davon kriegt sie nämlich immer Aufstoßen.

Nach dem Essen wollte die Mama wissen, was wir vorhätten. Der Roosevelt und der Otis sind an den Laptop gegangen, Ballerspiele machen; die Mia hat was von Kino gesagt. Hey, das war meine Chance! Im Kino ist es dunkel. Wenn die verwirrte Pute dann noch Angst kriegen täte vorm Terminator oder vorm Angriff der Killerkohlrabi, könnte ich ihr Schutz geben in meinen starken Flügeln. Dann wäre die Cora weich vor Bereitschaft für Intimität. – Was käme als Nächstes? Ach ja: erst den Hüfthalter aufhaken, anschließend die Kralle in die Unterwäsche bohren. Oder war’s umgekehrt? Egal, das könnte mir die Cora dann ja selbst sagen.

Leider hatten sich die Mädels für „Titanic“ entschieden. Der sei ja so süß, der Film, den könne man ja immer wieder gucken. Und Brad Pitt so schnuckelig. Wie sie da so stehen, vorne am Bug, die Arme ausbreiten wie Albatrosse überm Anden-Tal, die Celine Dion singt dazu und man weiß, wie es enden wird … zum Plärren schön. Ich dachte, ich hör nicht richtig – Weibergeschwalle. Aber dann tat mir einfallen, dass Sentimentalgetriefe bestimmt eine noch viel bessere Grundlage bietet. Hennen haben nun mal am wenigsten Widerstand, wenn ihnen Weinerlichkeit die Birne zunebelt; da braucht man dann gar nicht mehr viel nachzuhelfen.

Aber erst mussten die Tussen noch ins Bad, Restauration betreiben. Wozu sie sich anmalen, habe ich gefragt, im Kino ist’s doch sowieso schwarz. Das würde ich nicht verstehen, kam als Antwort:
„Eierkopp.“
Durchs Schlüsselloch war „pfff-pfff“ zu hören. Das war Mias Parfümzerstäuber. Ich habe an die Tür geklopft und gerufen:
„Coooora? Kannst du mal kommen – deine Mama am Telefon!“
Gleich darauf ist die Tür aufgegangen. Als die Cora um die Ecke verschwunden war, habe ich rasch die Tür zugedonnert und von außen abgesperrt. Den Schlüssel hatte ich schon vorm Abendessen rausgezogen – für alle Fälle; jetzt tat sich meine Weitsicht bezahlt machen. Die Mia vollführte Lärmgehämmer und „Was soll das?“-Gebrülle. Mann, kann die toben; für ’n Mädchen eigentlich ’n bisschen doll, aber ich hatte keine Zeit für Zurechtweisung. Schnell bin ich zur Haustür gelaufen. Von dort habe ich der Cora Beschleunigung zugebrüllt:
„Wo bleibst du denn? Mach mal hinne – das Taxi tut warten.“
Zwar hat die Cora wissen wollen, wo die Mia abbleibt, und dass ihre Mama gar nicht am Apparat gewesen sei, hat sie auch noch unbedingt loswerden müssen, aber sie ist dann doch ohne Trödelei mitgekommen, nachdem ich ihr gesagt hatte, der Mia wäre schlecht geworden, sie täte daheim bleiben, und dass manche Mütter einfach wieder auflegen, bevor sich der andere gemeldet hätte, das wäre doch alter Brauch in Duisburger Bergwerkslanden, oder etwa nicht?
„Wie … schlecht geworden? So plötzlich?“, hat sie aber noch wissen wollen.
„Ja, bei Füllpaprika geht das ganz fix.“
„Sag mal, du Toko, du nimmst mich doch auf den Arm!“

Dass Frauen immer so voller Misstrauen sein müssen.
„Na schön“, habe ich geantwortet. „Ich tu’s zugeben: Ich will mal mit dir allein sein, Cora. Die Mia macht solange am PC Vorbereitung für ihr Geocaching. Die ist beschäftigt; da musst du keine Sorge haben. Ich finde dich so … so … so … niedlich, Cora.“
Wir haben dann noch lange auf dem Bürgersteig gestanden. Ich meine, mir selbst war ja ganz ausgeruht im Kopf, nur das Putchen musste Fassung wiederkriegen. Mit Glasaugen tat sie in die Ferne glotzen. Fast hätte ich Pulsfühlen gemacht wegen Furcht, dass sie zur Stopfhenne geworden wäre. Doch irgendwann ist sie wieder in Bewegung geraten und hat gesagt:
„Lass uns gehen, die Titanic soll nicht ohne uns absaufen.“

Wir sind mit der Straßenbahn gefahren. Im Kino hatten wir eine Rückenlehne in der Mitte hinten. Neben uns war alles frei, also Idealbedingung. Als das Licht ausgegangen war, habe ich heimlich mein Pfefferminzbonbon aus der Achselhöhle geholt. Man braucht doch Frischatem für den Angriff, nicht wahr? – Nein, halt, nicht zu stürmisch vorgehen. Das hatten mir die Tauschkumpels extra ans Herz gelegt, sonst täte ich Versperrung riskieren. Weiber wollen umsabbert werden mit Gelüge und Getriefe. Also habe ich Schmalz in die Stimme gelegt und gehaucht:
„Coooora? Deine braunen Augen sind wunderschön.“
„Wirklich?“, hat die Cora zurückgefragt. „Die sind aber blau.“
Bei so was darf man natürlich keine Beirrung zeigen, sondern muss mit Reaktionsschnelle auftrumpfen:
„Ach, Verzeihung, ja“, habe ich gesagt. „Man kann hier so schlecht sehen. Ich meinte natürlich: Deine blauen Augen sind wunderhübsch.“
Ich habe noch ein bisschen gewartet, ob Erregungsgekeuche folgen täte, aber die Cora ist ganz still geblieben, deswegen habe ich ebenfalls eine kleine Pause eingelegt.

Dann habe ich ihr vorsichtig mit der Kralle am Bauchgefieder gepopelt.
„Lass das!“, tat die Cora fauchen.
Sehr gut! Alles lief prima. Wenn sie zum Topfkratzer wird, hatten die Tauschkumpels noch gemeint, dann wäre ich auf dem richtigen Gleis. Jetzt nur nicht Lockerung geben.
„Du bist total sexy, du machst mir Hitze“, habe ich hinzugefügt und der Cora zur Unterstreichung meinen Schnabel ins Halsgefieder gesteckt. Ein Puff mit dem Flügel hat mich allerdings wieder in die Senkrechte gebracht:
„Sag mal, spinnst du, Max?“  Es klang wie Ärgerlichkeit.
Oho! Wenn die Cora gleich derart flott abgeht, dann durfte ich keine Zeit mehr verlieren. Ich habe alles auf eine Karte gesetzt:
„Du, Cora? Hach, sag mal … tust du mich verführen?“
Diesmal hat’s länger gedauert mit der Reaktion. Auf der Leinwand tat sich Brad Pitt gerade in der Schiffskantine zum Essen hinsetzen. Nun sag schon, Putchen! Lass mich nicht so lange zappeln! Mach mich endlich zum Mann!

Statt ’ner Zusage ist aber nur ’n Tritt gekommen. Ich bin erst zur Seite getaumelt, dann nach vorn auf den Sitz gekippt. Hätte ich wissen können, dass die Cora plötzlich so gewalttätig wird? Sonst hätte ich mich doch festgehalten. Zusätzlich kriegte ich von hinten Empörungsgequake über den Kopf geschüttet:
„Wer hat denn deinen beiden Gehirnzellen gesagt, dass sie ins Koma fallen sollen? Du bist ja nicht mehr ganz dicht.“
Das machte mir Verwirrung. Was hatte das zu bedeuten? War die Cora nun startklar, oder hatte ich sie aus Versehen über die Ziellinie hinausgeschossen? Mich verlangte es nach Klarheit:
„Cora, heißt das, du tust nicht mit mir intim werden?“ Meine Stimme war voller Hingabe und Zärtlichkeit.
„Nein!“, hat sie gebrüllt. „Du … du Riesenbaby. Lass gefälligst deine Krallen von mir! Und hör auf, mich blöd von der Seite anzuquatschen!“
Vor uns taten sich schon Leute umdrehen. Das konnte man an der Bewegung ihrer Schattenköpfe merken. Warum können sich Hennen nie benehmen, wenn Emotion sie überwältigt? Das Putchen machte mir Peinlichkeit.
„Psst!“, habe ich ihr zugeraunt. „Tu dich nicht aufführen wie ’ne alte Schrumpeljungfer. Ich habe doch nur gefragt, ob du mich zum Mann machen tust. Das hätte ja nicht hier zu sein brauchen. Ich wäre auch mit dir mitgegangen, hinter die Mülltonnen zum Beispiel, wenn dir nach mehr Intimität zumute gewesen wäre; schließlich habe ich Stil. Deswegen braucht man mich noch lange nicht zu behandeln, als hätte ich um erotisches Anstarren gebeten.“

Trotzdem musste ich den Rest des Films auf dem Sitz verbringen; die Cora hat mich nicht mehr raufgelassen zu sich auf die Lehne. Später ist dann ’ne Bauchladentante vorbeigekommen. Ich weiß nicht, was das Putchen mit ihr zu tuscheln hatte, jedenfalls tat’s plötzlich über mir knistern und mein Hinterkopf ist mit Erdnusshälften und Rosinen bepfeffert worden. Zum Glück bin ich zu sehr Gentleman, als dass ich eine alte Henne vom Sitz klatschen täte. Der Film war doof. Brad Pitt war doof. Das Schiff war doof. Und ich wollte nach Hause.

Nach dem Kino sind wir noch in einen Imbiss gegangen. Die Mama hatte mir Geld mitgegeben für ’nen Döner oder so. Wir haben uns eine Schale Pommes rot/weiß geteilt. Die Cora hat erzählt, dass sie gern Sterneköchin werden würde oder wenigstens einen Kochkurs bei ’nem berühmten Kochstern besuchen täte, aber die Tante Gisela würde es ihr immer wieder ausschlagen wegen Geldmangel, weil die „Kuraufenthalte“ (ha!) vom Coco schon so viel Geld gekostet hätten. Das sei voll fies, aber andererseits verständlich. Dafür hätte sie daheim die Rotobstplantage für sich ganz allein und müsste auch nur wenig helfen im Haushalt, mal die Küche feudeln, das ja, aber nicht bügeln oder Fenster putzen. Vielleicht würde sie im Frühjahr auf der Volkshochschule ’nen Kurs belegen: „Küchenlatein“. Darauf täte sie sich schon sehr freuen. Die Gebühr kriege sie eventuell zu Weihnachten.

Als wir nach Hause kamen, waren die Matschfalter ausgeflogen, aber die Mia hockte stinkig vorm Fernseher.
„Wir sprechen uns noch“, hat sie mir voller Süße zugeflötet. Dann hat sie die Cora am Flügel gepackt und ist mit ihr in der Küche verschwunden:
„Du musst mir alles berichten – alles.“
Durchs Schlüsselloch war allerdings nicht viel zu verstehen. Ab und zu tat Gelächter anschwellen, und die Mia war zu hören mit „Echt?“ oder „Ist nicht wahr!“ oder „Gibt’s doch nicht!“, aber worüber sie überhaupt Unterhaltung machten, das war nicht herauszubekommen. Schließlich war’s Schlafenszeit und wir mussten in die Voli.
„Ich sitz aber nicht neben dem Max“, hat die Cora verlangt.
„Musst du ja auch nicht“, hat die Mia versprochen.
„Beim Schlafen machst du bestimmt Ausdünstung, Cora“, habe ich hinzugefügt.
Da war dann die Reihenfolge klar: die Cora links, die Mia in der Mitte, daneben ich. Das Putchen hatte ’n rosa Nachthemd an mit zitronengelben Blümchen – zum Brüllen komisch!
„Na und? Immer noch besser als dein Schlafanzug mit den Teddys drauf.“ Die Cora kann einfach nicht verlieren.

Am nächsten Morgen haben wir mit Mama gefrühstückt. Gott sei Dank, die Matschfalter hatten sich schon zum Schlafen in den Kleiderschrank gehängt. Die hätten mir gerade noch gefehlt. Es gab Waffeln mit Fruchtquark. Die Hängelampe tat auf uns scheinen und wir haben über dies und jenes Plauderei gemacht, so wie man’s halt tut, wenn Herzlichkeit in einem Brunnen voller Harmonie plätschert. Ich finde, man muss auch mal verzeihen können. Das Bergwerksputchen hatte es sicher gestern nicht so gemeint mit ihrer Fiesheit. Manchen Frauen macht Kino eben Verwirrung. Da muss ich halt noch mal nachfragen bei den Tauschkumpels, was als Nächstes drankommt – oder noch mal genauer beim Maffay hören, wie er’s geschafft hat. Waschlappen drüber, nach vorn gucken.

Nach dem Abspülen haben die Weiber sich wieder hinter eine verschlossene Tür gerettet. Diesmal war’s unser Schlafzimmer. Die Cora tat auf dem Nachtschränkchen hocken, während die Mia nacheinander ihre Spaghetti-Hemdchen, ihre Bikinis und Glitzershorts vom Stapel gefischt und vor der Cora ausbreitetet hat. Ab und zu tat die Cora was überziehen und dann prüfend an sich runtergucken.
„Super!“, hat die Mia in die Hände geklatscht. „Macht dich viel jünger.“
Irgendwann ist mir langweilig geworden. Außerdem leiert es die Sehnen aus, wenn man immer so in der Beuge auf der Türklinke steht. Ich habe mir stattdessen eine Horror-DVD in den Player geschoben und Salzstangen dazu geknabbert.

Zum Mittagessen hatte uns die Mama Kartoffelsalat in den Kühlschrank gestellt. Wir mussten nur noch die Würstchen warm machen. Unsern scharfen Löwensenf kannte das Putchen nicht. Sie hockte da mit Wasserblick, tat mit den Flügeln fuchteln und Luft durch die Nase schnorcheln.   
„Iss nur – das ist so was wie Erdnussbutter, nur in pikant“, hatte ich gesagt.
„Das kriegst du wieder!“, hat sie geheult.
„Siehst du, du Dorftrampel, jetzt ist der Cora die ganze Wimperntusche verschmiert“, musste sich die Mia wieder einmischen. Wenn’s um Nebensächlichkeiten geht, halten die Weiber immer zusammen.

Ich, im Hintergrund die Mia

Ich habe der Cora noch ein Foto von mir mitgegeben für ihr Fotoalbum und eins von meinen Geduldspielen, damit es ihr nicht so langweilig wird auf der Heimfahrt. Da muss man zwei Mäuse nacheinander in kleine Abteile ruckeln. Das wird sie ja wohl hinkriegen mit ihren Wurstkrallen, die Cora. Dann hat sie ihren blauen Franzosenfladen wieder aufgesetzt, hat ihr Täschchen genommen und wir sind ins Taxi gestiegen. Eigentlich täte sie den Weg zum Bahnhof allein finden, so oft wie sie schon bei uns zu Besuch war, aber als Gastgeber macht man halt höfliches Abschieben mit Wartebegleitung, bis der Zug aus dem Gleis gerollt ist.
„Tschüs, du Döskopp.“
„Ja, tschüs, Stollenputchen.“
Wir haben freundschaftliche Umarmung gemacht, dann musste die Cora auch schon einsteigen. Das nächste Mal kann sie ja gern länger bleiben. Ein Tag ist doch recht kurz für intensive Unterhaltung.

Am Abend, nachdem die Mama heimgekommen war, habe ich zwei Bücher unter meinem Platz in der Voli gefunden. Sie lagen dort, so als hätte sie jemand mit Absicht hingelegt. Das eine hieß „Ich werde erwachsen“ und das andere „Beichtspiegel für Jungen“. Beide haben ’nen prima Einband. Ganz steif. Super. Wenn ich sie aufklappe und aufstelle, ergeben sie zwei Dächer und ich kann sie als Garage benutzen für die Matchbox-Autos. Manchmal hat die Mama richtig klasse Ideen. Das macht mir Hoffnung, denn meist sind ihre Geschenke ja ziemlich daneben.  

© Max: Papageiengeschichten

Montag, 8. November 2010

Rätsel 3

Das ist jetzt noch einfacher:


Nun ratet mal schön. Tipp gefällig? Es ist schwarz mit rund.

Rätsel 2

Liebe Freunde der gehobenen Denktätigkeit,

hier ist wieder was zum Rätseln. Auf Wunsch von meinem Freund Grunzer ist die Antwort diesmal ganz leicht.

Hier unten seht ihr zwei Länder im Umriss. Um welche handelt es sich?


Ich gebe wieder Tipp: Es sind keine Bundesländer, sondern richtige Staaten. Beide Namen fangen nicht mit "X" an.

Freitag, 5. November 2010

Was ist ein Pauli?

Leser mit Aufmerksamkeit werden gemerkt haben, dass die Tante Michèle Freude daran findet, mir schwere Rätsel aufzugeben. Sie schenkt in ihrem Haus seit einem Dreivierteljahr einem unbekannten Tier Heimat. Es nennt sich Pauli. Alle, die hier lesen, tun so, als täten sie wissen, um was für eine Kreatur es sich handelt, nur ich weiß es nicht, weil mir ja niemand was sagt. Und dann machen sie alle Zusammenrottung und zeigen mit dem Finger auf den Max wegen Amüsement, wie er sich anstrengt, aber trotz hingeworfenen Lösungshäppchen nur in die Essigsoße langt. Das hat nun ein Ende. Ich weiß nämlich jetzt, was ein Pauli ist – jawohl! Und ganz ohne euch!

Lange Nächte voller Recherche liegen hinter mir. Die Stunden am Laptop hatte ich dem Roosevelt und dem Otis abkaufen müssen, weil ja nachts immer die blöden Fledermäuse dran sind mit der PC-Berechtigung. 5 Euro hat mich das gekostet plus einmal am Schwanz gezogen werden und ’nem dicken Rotzfleck mitten auf dem Schnabel. Ich werde die Rechnung über 25 Euro an einen gewissen Herrn Pauli in München weiterleiten. Da darf er gleich mal Beweis antreten, wie gut er Überweisungszettel ausfüllen kann.

Information zur Suche hatte ich nicht viel. Die Tante Michèle hatte ja nur gesagt, dass ein Pauli weiß und wuschelig ist, vier Beine hat und spitze Ohren. Die andern Hinweise waren sowieso nur wegen Irreführung ausgesprochen. Schließlich tut jeder normale Vogel wissen, dass Vierbeinige keine Fähigkeit zu Charme haben und auch nicht klug sind. Also habe ich das alles bei der Google-Fütterei getrost weglassen können.

Trotzdem war’s schwierig genug. Ich bin nämlich in Expertengebiet eingedrungen. In einem russischen Lexikon für verschollene Tiere habe ich den ersten Beleg gefunden. Gut, dass ich perfekt Kyrillisch kann. Da stand geschrieben, dass die Einteilung in der Biologie so lautet:

Klasse: Säugetier
Ordnung: Fellträger
Familie: Ursus yeticus (lat.)
Gattung: Weißwuschler
Art: Pauli

Demnach sind die Paulis sowohl mit den Eisbären verwandt als auch mit den Yetis, nur sind sie viel niedriger und sie stellen sich auch nicht auf die Hinterbeine und watscheln nicht aufrecht in der Gegend umher, nicht mal zeitweise. Wann der gemeinsame Vorfahre Trennung vollzogen hat in die Polartiere, in die Dschungelzottel und in die Paulis, weiß niemand so genau. Vielleicht gab es mal Riesen-Paulis, so ungefähr 2 Meter hoch, ähnlich den Brauereipferden mit den Puschelmanschetten um die Knöchel, aber falls das stimmt, sind sie irgendwann in Schrumpfung übergegangen, bis die Flachheit von heute erreicht war. Die Evolution hat ganz eigene Vorstellungen; manche sind sehr ulkig. Wir von heute sollten jedenfalls kein Hohnkiechern darüber machen, sondern Mitleid fühlen. Die Leute von damals konnten schließlich nichts dafür, dass die Natur albernes Experiment an ihnen ausprobierte.

Die früheste Darstellung eines Paulis mit Modern-Design stammt von einer Gardinenmalerei aus Armenien. Das liegt am Kaukasus, ziemlich in der Mitte vom Atlas. Der Stoff ist ungefähr 2000 Jahre alt. Ein Foto seht ihr hier:

Ein prähistorischer Pauli (Vergrößerung)

Man tut gut die Spitzohren erkennen. Ansonsten weiß man, dass der Pauli schon damals etwa 28 cm hoch gewesen sein muss, gerechnet vom Boden bis ungefähr zum Nacken. Bei mir ist an dieser Stelle gelb mit Federn, bei Vierbeinigen nennt man das Widerrist. Weil der Ur-Pauli nicht besonders moppelig ausschaut, macht die Wissenschaft Annahme, dass er ca. 8 Kilo gewogen hat. Das Futter ist zwar nicht mit draufgemalt, aber wegen Verwandtschaft zu Eisbär und Yeti glaubt man, er täte sich ebenfalls von Fischfilet oder Pflückobst ernährt haben. Zumindest gibt die Figur keinen Anlass für den Ruf nach Diät.

Dann wird es leider ruhig um die Pauli-Nachrichten. Jahrhundertelang kriegt man nichts mehr zu hören und zu sehen von ihm: keine neue Tischdecke mit Malerei, kein Honigpott mit Paulikopf-Deckel, keine Erwähnung im Ritter-Gesangsbuch und auch kein Buntmosaik in ’nem Kirchenfenster. Es war fast so, als wäre der Pauli mit den Dinosauriern in die Archäologie gezogen. Skelette hat man zwar gefunden, aber ohne Fell und Spitzohren, und daher kann das ja jeder gewesen sein.

Erst so um 1600 kriegte der Pauli wieder Auftauchen, und zwar bei ’ner Zeltauflösung in der Mongolei. Dort fand man ein Gemälde (allerdings ohne Rahmen). Es hängt heute in London im Museum. Wie ihr wiederum auf dem Foto unten sehen könnt, ist das Weißfell gut getroffen. Auch dass es wuschelig ist, lässt sich erkennen. Außerdem hat der Pauli schwarze Augen und trägt einen schwarzen Flicken im Gesicht. Wahrscheinlich tut es sich um die Nase handeln; das weiß man von Bären. Leider aber ist das schon wieder alles, was man erfährt. Malerei ist ja immer voller Einseitigkeit, so wie ’ne Webcam, wo das Bild stehen geblieben und der Ton ausgefallen ist. Zum Beispiel kriegen wir keine Kenntnis, wie der gemalte Pauli unten herum ausschaut. Es gibt nämlich eine Richtung in der Biologie, die Behauptung macht, es täte sich hier gar nicht um einen echten Pauli handeln, sondern lediglich um eine Robbe, die nur oben herum wie ein Weißwuschler den Anschein gibt, doch ihre Fortbewegung mit Schwimmflossen betreibt. Darüber hat man noch heute heftige Debatte in der Fachwelt. 

Ein monoglischer Wasser-Pauli

Die nächsten Gemälde-Paulis sind leider auch wieder ohne Untergestell. Das linke Bild wurde 1814 in China gefunden und das rechte bei ’nem Trödler in Istanbul auf einem Basar. Die Maler sollen in beiden Fällen Nomadenvölker sein. Das sind Leute, die dauernd umziehen und das auch noch gut finden. Zumindest deuten all die Fundorte darauf hin, dass der Pauli dort im Osten seine Herkunft hat. Außerdem meinen Kunstkenner, der Pauli täte in diesen Kulturen einen wichtigen Platz eingenommen haben, denn sonst hätte man keine Porträts von ihnen angefertigt, wo sie gucken wie Könige beim Modellsitzen für Briefmarken. Dies ist der erste Verdacht, dass Paulis nur Aufgabe hatten für Hätschelei. Was hätten sie auch sonst arbeiten sollen? Beim Zusammentreiben von Yack-Herden wäre ja ihr weißes Fell dreckig geworden, und niemand kennt Bilder, auf denen Paulis grau gemalt sind.

Andere historische Asien-Paulis

Seit dem 19. Jahrhundert gibt es dann endlich Nachrichten über lebende Paulis. In manchen Zoos hatte man welche zur Ausstellung dahocken. Irgendjemand hatte sie mitgebracht, wahrscheinlich vom Campingurlaub am Jangtsekiang. Diese Paulis sind tatsächlich auf vier Beinen gelaufen. Sie haben Knochen und Fleischstückchen gefuttert, konnten ganz gut schwimmen, aber nur schlecht sprechen. Außer „wau“ und verschiedenen Grunzlauten kam da nicht viel. Auch fanden sie keine Freundschaft zu den Eisbären nebenan. Wahrscheinlich war die Gemeinsamkeit schon zu weit auseinander gegangen, als dass sie noch Familienbande gefühlt hätten. Manche von ihnen sollen recht gelehrig gewesen sein. Voller Eifrigkeit seien sie um Teppichstangen gehetzt, wenn man’s ihnen gesagt hat, oder hätten sich lang hingeschmissen nach dem Zurufen: „Platz!“ Nach langer Versucherei ist dann sogar die Fortpflanzung gelungen. Darüber gibt es Detailbericht in der Zeitschrift „Anthropology today“. Die ersten Eltern hießen Pablo und Irmtraud. Sie sind Ursache, dass wir heute in Europa ein paar mehr Paulis kennen, ungefähr so viele wie Bengaltiger.

Seither haben wir richtige Fotografien von Paulis, nicht bloß Gemälde, nicht bloß Kunst. Und darauf sieht man dann auch zum ersten Mal, woran alle Paulis leiden, nämlich an Haltungsproblem. Ständig müssen sie gestützt werden, entweder an der Schnauze, damit der Kopf nicht wegklappt, oder am Hintern für Verbleib in der Streckhaltung. Tausende von Fotos geben davon Beweis, zwei habe ich hier:

Paulis mit typischem Haltungsproblem

Seht ihr? Davon tut uns die Tante Michèle nichts verraten. Warum bloß? Will sie nicht, dass man sie lobt für ihre Aufopferung? Es muss doch enorme Anstrengung machen, dauernd seinem Pauli Abstützung zu bieten. Andererseits: Wieso muss es unbedingt ein Pauli sein? Hätte es nicht ein Hund getan oder ein Hamster oder ein Kanarienvogel? Oder wenn schon exotisch, dann ein Eisbär oder ein Yeti? Denn die sind wenigstens nicht so selten wie die Paulis. Überhaupt: Wo kriegt man einen Pauli her? Man geht doch nicht einfach in ein Geschäft und bestellt sich einen. Darüber muss mir die Tante Michèle mal Auskunft geben. Mir ist alles sehr suspekt. Ein Foto von ihrem Pauli hat sie mir auch noch nicht gezeigt. Sie macht immer nur Rätsel und schöne Reden, aber zu sehen krieg ich ihr komisches Wundertier nie. Ich wette, es tut gar nicht existieren. Wahrscheinlich ist es nur eine popelige, alberne Schildkröte.

© Max: Papageiengeschichten
© Fotos: M. U.

Sonntag, 31. Oktober 2010

Rätsel 1

Liebe Kundschaft,

damit ihr Aufwachen bekommt vom Lesen meiner Schreiberei, gebe ich euch hier was zum Raten: Was ist das? Einfach draufgucken und Antwort unten hinschreiben.



Ich gebe Tipp: Es ist nicht blau und kein Tier.

Und nun viel Spaß.

Samstag, 30. Oktober 2010

Wöna

Soll ich mal raten? Ihr habt gerade die Überschrift gelesen, und jetzt tut ihr euch fragen, was das bedeuten soll, stimmt’s?

Ich gebe euch Aufklärung: „Wöna“ ist eine Zusammenpappung von „Wörter“ und „Namen“. Das habe ich gemacht, weil ich mich nicht entscheiden konnte, welches von beiden ich nehme für die Überschrift. Es geht hier nämlich um zweierlei, um Namen und um gewöhnliche Wörter, genauer gesagt um Wörter, die zu Namen geworden sind. Ich will euch was über Numismatik  erzählen. Das ist ausländisch und bedeutet Namenskunde. Nee, halt – irgendwie war das anders … aber wie?
 „Miiii-aaaa? Kannst du mir mal Antwort geben auf eine schwierige Frage?“
Pah, das weiß die nie, die ist ja so doof. Die kennt nur einen einzigen Begriff, von dem sie denken tut, er täte aus der Wissenschaft stammen: Kosmetik.
„Ja, Mia? Okay … in Ordnung … meinste wirklich? Aha … danke.“

Jetzt hab ich’s, gerade ist es mir wieder eingefallen: Numismatik ist das, wo man Münzen beguckt. Ja, genau. Namenskunde heißt O-no-mas-tik. Keine Ahnung, wer sich das ausgedacht hat, jedenfalls macht es Existenz unter dem großen Dach der Sprachwissenschaft und darüber habe ich inzwischen Premiumkenntnis, denn ich war ja im Rechtschreibe-Internat und da hatten wir auch solche Fächer wie Abkürzungsdeutsch, Kreativdeutsch und Idiotendeutsch. Ich habe immer gut aufgepasst, daher weiß ich, dass man heutzutage alles machen darf, egal ob das jemand anders versteht oder nicht, Hauptsache, man selbst tut sich darüber freuen. Deswegen bin ich jetzt auch ganz besoffen vor Dauergrinsen wegen meinem tollen „Wöna“. Darauf muss man erst mal kommen, nicht wahr?

Obwohl: Abkürzungen sind so was Seltenes auch wieder nicht. Das beste Beispiel bin ich selbst. Ich heiße Max. Klar. Tut jeder wissen. Mein Komplettname lautet Maximilian. Ist soweit auch noch zum Mitkommen. Doch was bedeutet Maximilian, wo tut es herstammen? Da wird es schon komplizierter. „Maxi…“ kommt von „Maximus“. Das ist Latein und meint „der Größte, der Schönste, der Stärkste, der Klügste“. Ich finde, das tut mich gut beschreiben. Hinten dran das „…milian“ wiederum ist eine Zusammensetzung von „Milano“, der Stadt in Oberitalien, und „Pelikan“, dem stolzen Wasservogel aus „Flipper“. Meine Mama – ich meine jene Mama, die mich als Ei ausm Hintern gedrückt hat – wollte unbedingt mal ’ne Modenschau besuchen und mein Papa hätte sich über ’ne Schwimmerkarriere gefreut, deshalb ist das so ausgegangen mit meinem Namen. Das „i“ ist noch dazwischen, weil mich der Züchter mit gleichem Ausruf begrüßt haben soll, als ich ihn zum ersten Mal nett angelächelt hatte. Aber da weiß ich nicht, ob es stimmt oder nur Anekdote ist. Wahrscheinlich kommt das „i“ eher von „Insel“, weil meine Eltern dort gleich nach meiner Geburt unbedingt Urlaub machen wollten. Einer meiner Halbbrüder übrigens heißt Bo. Er fährt jetzt Tiefkühlpizza aus. Den hat’s nicht so gut getroffen wie mich.

Aber auch die Mia tut Abkürzung tragen. Ich weiß, es hört sich komisch an, weil ihr Name so kurz ist. Und doch ist es was Zusammengematschtes. Korrekt muss es nämlich heißen: M.i.a. Das kommt aus dem Englischen und meint: My identity: angebertussi. Man darf sie allerdings nicht darauf ansprechen, sonst kratzt sie einem Zacken ins Gesicht. Wegen Verschleierung macht sie überall Behauptung, sie täte Mia heißen nach der Schauspielerin Mia Farrow. Blödsinn! Die hat unsere Mia doch nie gekannt.

Wieder ein anderes Beispiel für ’ne Abkürzung ist Bubi. Hierbei muss man allerdings genaue Unterscheidung ziehen, je nachdem ob es sich um die Gockelform handelt oder um die weibliche. Bei den Jungs kommt Bubi von „Bube“, also von dem Typ mit dem Puschelhut auf der Spielkarte. Das ist zum Beispiel bei unserm Freund Sir Bubi aus der Grunzer-WG der Fall. Handelt es sich dagegen um ein Mädchen, zum Beispiel um die Schlüpperhenne aus derselben WG, dann kommt Bubi von „Bubette“. Das ist Französisch und spricht sich „Bübett“ aus. Jedermann von Kultur weiß natürlich, dass es dann auch nur „Bübi“ heißen kann, sofern man es unbedingt kurz haben will – mit der Betonung auf dem „i“ hinten.

Bübiiiii Frohn-kohn-schlüppé. So wär’s richtig. Aber leider tut man ja in gewissen Kreisen keinen Wert legen auf Autentiät und Tradition. Da mampft man lieber Löwenzahnsalat und macht Wassertreten in seiner mickrigen Kulturpfütze. Ist es zu fassen?

Wieder andere Abkürzungen sind solche, wo man einfach was unter die Fußmatte fallen lässt – so wie bei Urmel. Dass der Typ korrekt „Murmel“ heißt, muss ja nicht extra gesagt werden, nicht war? Damit eng verwandt ist das Gemurkse an der Cora. Ursprünglich kommt Cora nämlich von „Cobra“, also vom Wort für Schlange. Aber wegen Irrtum bei der Züchtung, weil aus dem Ei dann unsere veilchenblaue Bergwerkshenne gekrochen ist, hat man das „b“ weggelassen. Eine andere Erklärung macht Behauptung, dass Cora von „Corsage“ käme. Finde ich persönlich zwar von gewisser Einleuchtung wegen zusammenhalten, was auseinander fließen will, doch fehlt mir Kenntnis, dass man  in Bergwerksstollen Französisch spricht. Dort hat man eher Vorliebe für so was wie Schlackhild oder Lore. Außerdem hat ja noch niemand bei Coras Geburt wissen können, dass sie mal für Zwangsunterwäsche Anlass haben wird. – Nee, die Cora und Schlange, das tut schon ganz gut passen. 

Flynn (die Bayernamazone) wiederum kommt von „Flinte“, ist aber auf Schottisch gebrezelt und dann zusammengestaucht. Manche Leute denken sich halt was dabei, warum sie einen bestimmten Namen geben; die Bedeutung macht ihnen Gefallen, nur die Schreibung und das Aussprechen ist ihnen zu Deutsch. Käme die Gaby aus Russland, täte der Flynn jetzt bestimmt Flinja Flinjonowitsch heißen. Bei Rory ist’s das Gleiche. Es bedeutet „Rohr“. Die Aussprache ist Walisisch. Die Gaby hat eben Vorliebe für anglikanische Waffen.

Da haben’s jene Namen einfacher, bei denen man sofort sieht, was sie ausdrücken sollen, auch ohne Buchstabengefummele. Beispiel: Grunzer. Kann man es netter sagen? Da hört man doch sofort seine Polypen jodeln, noch ehe er den Schnabel aufmacht. Täte er dagegen Polnisch heißen, zum Beispiel „Grunzek“, würde das nur die schöne Klarheit beseitigen. Oder Bömmel. Der wird so genannt, weil man jedes Mal unsichtbare Troddeln mitbammeln sieht, wenn er seinen Kopf bewegt. Wie hübsch! Der Name als Programm. Da ist kein Detail dem Zufall geschenkt. Deshalb heiße ich ja auch mit zweitem Namen Master of the Universe.

Leider aber kann die Wissenschaft nicht alles erklären. Um manche Namen gibt’s noch heute verzweifeltes Rätselraten. Gisela ist so ein Name oder Marco oder Paula. Niemand weiß, woher sie kommen, was sie bedeuten und wozu sie da sind. Ich stelle es mir schrecklich vor, wenn man mit so was rumlaufen muss, aber nicht wissen tut, womit man Identität machen soll. Dann lieber ein Nilpferd sein und Floh heißen. Da gehört man wenigstens irgendwohin, auch wenn sich’s bescheuert anhört.

Schließlich gibt es noch die Gruppe von Namen mit Wandelbedeutung. Hierbei macht es Ausschlag, wo man die Betonung hinsetzt. Ich finde es sehr praktisch, weil man dann Auswahl hat und dem Namen bessere Anpassung verschaffen kann an das Verhalten seines Trägers. Zum Glück kenne ich so jemanden. An ihm zeige ich mal, was ich meine: Der Coco, unser Coco aus Duisburg hat einen portugiesischen Namen. Jawohl! Das weiß ich von meinem Kumpel Carlos aus dem Rechtschreibe-Internat. Er war Austauschschüler dort und von der Biologie her Gürteltier. Er hat mir Erläuterung gegeben, dass Coco „Kokosnuss“ bedeutet, aber nur, wenn man das erste „o“ betont. – Tja, Kokosnuss … ulkig, nicht? Kommt aber hin so von der Figur, und immer ’ne Flüssigkeit im Körper ist ja auch richtig beobachtet. Jaa-a … aber nun kommt’s. Aufgepasst. Wenn man jetzt auf das letzte „o“ ein Hütchen setzt, nämlich so: Cocô, dann heißt das Cocooo und bedeutet … hi hi hi – nein! Ich sag’s nicht! Dafür bin ich zu stilvoll. Im Übrigen hat’s der Coco auch so schon schwer genug. Und ihr andern müsst ja auch nicht alles wissen, das wäre nur neugierig.

© Max: Papageiengeschichten