Haustiere kosten Geld. Sie wollen essen und schicke Klamotten tragen, sie brauchen eine Monatskarte für die Straßenbahn, Taschengeld und die Mitgliedsbeiträge für den Tennisclub. Wehe dem Menschen, der nicht vorher überlegt, ob er sich all das leisten kann.
Natürlich gibt es Unterschiede bei den Ansprüchen. Taschenkrebse sind erfahrungsgemäß kostengünstiger in der Bekleidungsfrage, während Emus zwar eine größere Unterkunft benötigen, dafür aber sehr schlicht bei der Bildung zu halten sind. Ein Pudel braucht höhere Aufwendungen beim Frisör als das Hausschwein, ein Delphin verursacht deutlichere Energiekosten bei Frisch- und Abwasser als ein Goldhamster.
Neben all diesen natürlichen Bedürfnissen, die sich aus der artgerechten Haltung ergeben, spielen zusätzlich das soziale Umfeld unserer Wirtsleute eine Rolle, deren Großzügigkeit und selbstverständlich auch deren Finanzkraft. Wir sind uns wohl einig, dass es auf der Skala nach oben hin keine Begrenzung gibt. Wenn man wollte, könnte man uns das Hundeinternat in Eton spendieren oder zumindest ein Halsband mit echten Diamanten und Schnallen aus Titan.
Doch die meisten von uns werden sicher irgendwo in der Mittelschicht zu Hause sein. Auf die Mia und mich trifft das jedenfalls zu. Wir Amazonen gehören zu den Tierarten, die recht teuer in der Anschaffung sind, aber im täglichen Unterhalt ziemlich billig. Ich behaupte mal, dass es mehr kostet, eine Katze oder einen Hund zu versorgen als eine Amazone.
Um euch einen Eindruck zu verschaffen (und potentiellen Papageienhaltern den Dolch ins Portemonnaie zu jagen, bevor sie sich verbindlich entscheiden, einen von uns bei sich aufzunehmen), habe ich euch eine kleine Liste mit roten Zahlen aufgestellt. Sie enthält jene Posten, die zur Grundausstattung gehören. Wie gesagt, mehr ausgeben geht immer. Ich orientiere mich an dem, was die Mia und ich hier haben. Um keinen Neid zu provozieren, lasse ich natürlich mein Handy und Mias Cosmopolitan-Abo weg. Das sind Luxusgüter. Sie gehören nicht hierher; sie würden das Bild von unserm artgerechten Lebensraum nur unnötig verfälschen.
Fangen wir mit dem Wichtigsten an – mit uns:
Vögel: 2000,- Euro (zu zweit).
Dann die
Voliere (hier Archivbilder): 600,- Euro.
Luftbefeuchter (für die nötige Luftfeuchtigkeit, um Krankheit (Aspergillose) zu vermeiden, besonders im Winter, wenn geheizt wird): 150,- Euro.
Tageslichtlampe (in diesem Fall ein Geschenk von Onkel Wolf, aber sonst): 100,- Euro (zuzüglich alle paar Jahre Glühbirnenwechsel).
Außenvoliere: leider bei uns nicht machbar. Edelstahlgitter sollten es schon sein, weil manche Vögel sonst die Zinknasen, die bei der Herstellung unedler Materialien entstehen, abfressen könnten. Daran ist schon mancher zugrunde gegangen. Kosten: 1000,- Euro und mehr.
Einstreu: keine Kosten. Die Putze nimmt Zeitungspapier.
Dokumente: (wir sind Anhang-A-Vögel) 30,- Euro zu zweit.
Körnerfutter: Diätmischung vom Versandhandel. Reicht für ein halbes Jahr. Macht 15 Cent pro Tag für uns beide; 4,50 Euro im Monat.
Obst: wird möglichst aus Mutters Einkauf bestritten. Banane wird dazugekauft, ebenfalls mal eine Papaya aus dem Angebot oder eine Mango: 12,- Euro pro Monat.
Vitaminzusätze: kriegen wir geschenkt, sonst 2,- Euro pro Monat.
Leckerlis: werden ebenfalls vom Menschenessen abgezweigt. Mal eine halbe gekochte Kartoffel (ohne Salz), mal ein paar Kidney-Bohnen aus der Tiefkühlmischung. Die Mia darf manchmal den Joghurtlöffel ablecken. Ich bin ja nicht mit Leckerlis zu bestechen. Ich setz mich deswegen nicht extra in Bewegung.
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So macht die Mia, wenn sie an Mutters Joghurt will. |
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Und das denke ich darüber |
Spielzeug: liefert kostenlos die Natur. Die Putze sammelt Fichtenzapfen, fädelt Kastanien auf oder stülpt die Innenpappe vom Klopapier an den Kletterbaum. Das dürfen wir dann zerschreddern (macht meist die Mia allein). Spielen heißt bei uns kaputt machen. Die Putze sagt: „Bin ich blöd? Bezahl ich teures Geld für Holzgebammel aus dem Zoohandel, nur damit die Bestandteile später im Mülleimer landen?“ Nun ja, manchmal kriegen wir trotzdem richtiges Spielzeug geschenkt – von Kumpels, die sich nicht dafür interessieren. Wir haben bisher noch jedes schweineteure Papageienspielzeug kaputt gekriegt. Man muss nur hartnäckig genug am Ball bleiben.
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Die Mia mit richtigem Spielzeug (die Perlen werden uns weggenommen, sobald wir sie lospulen, damit wir sie nicht verschlucken) |
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Wir mit hauseigenem Ökospielzeug |
Äste: kriegt man natürlich auch kostenlos. Weil wir aber nicht jedes Holz mögen (Kirschbaum zum Beispiel ist bäh) und die Putze nur Eiche, Kastanie und Birke unterscheiden kann, wird uns das schöne weiche Haselnussholz vorzugsweise von der Grunzer-WG geliefert – ordentlich in Stecken geschnitten und verpackt. Der Service ist echt gut, das muss ich schon sagen.
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Die Mia, die Schredder-Queen |
Kletterbaum, Seile, Schaukeln: kosten auch nicht wirklich Geld, nur ein wenig Arbeit. Es muss gesägt, genagelt und zusammengebunden werden. Die Äste stammen meist vom Nachbarn, die Seile kauft die Putze als Meterware. Das macht vielleicht 5 Cent pro Monat. Desgleichen bei Gartenband. Damit werden die Äste in der Voliere befestigt. Das Band trieselt auf und zerfällt in Plocken, wenn man daran herumpult. Das ist eine Sicherheitsfrage. Die Putze will nicht riskieren, dass wir uns in einem unelastischen Wickelband verfangen und uns womöglich einen Fuß abschnüren, wenn wir allein zu Hause sind.
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Unser Spielplatz auf der Voliere |
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Angenagtes Schaukelseil |
Folie: wird dringend benötigt, um die Stellen, wo wir häufig sitzen, gegen Kackflecken zu sichern (wir haben Teppich). Leider ist gute, dicke Folie schwer zu bekommen. Früher hat die Putze sie als Meterware im Baumarkt gekauft. Heute gibt es nur noch dicke Folie in Graubraun statt in Transparent und als Rolle. Kosten: 40,- Euro. Bisher behelfen wir uns noch mit den Resten von damals. Graue Baufolie will die Putze keinesfalls im Wohnzimmer liegen haben.
Reparaturen: tja … ist unterschiedlich, nicht? Wir haben die Küchentapete abgefetzt und Löcher in die Küchenschränke genagt. Was würde eine Renovierung kosten? Und was ein paar Leisten, die gnädig das Gröbste an den Schranktüren verdecken? 10,- Euro vielleicht? Ansonsten gilt: Unbewegliche Sachen wie Türrahmen dürfen auf gar keinen Fall angegangen werden; den Rest kann man ersetzen.
Staubsauger: Den braucht man unbedingt in robuster Ausführung, um dem ganzen Dreck, dem Gefiederstaub, den rausgeschaufelten Körnern, den umgeschmissenen Blumentöpfen und zerfetzen Zeitschriften Herr zu werden. 250,- Euro sollte man mindestens ausgeben. Und wiederverwendbare Staubbeutel nehmen, sonst bezahlt man sich dumm und dämlich.
Zu guter Letzt ist noch ein Posten zu nennen, der zwar nur sporadisch anfällt (so ist zumindest zu hoffen), der aber deutliche Löcher reißt: der Tierarzt. Die Mia und ich müssen einmal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung. Dort werden wir geröntgt, kriegen den Schnabel gedremelt und die Krallen geschnitten. Dafür bezahlt die Putze ca. 150,- Euro (für uns beide). Das wären also 12,- Euro pro Monat. Nicht kalkuliert werden können natürlich die Kosten für Notfälle. Weil wir als Vögel nicht zu jedem Tierdoktor gehen können, sondern auf die wenigen Experten angewiesen sind, die vogelkundig sind, kommt im ungünstigen Fall 25 % Aufschlag für die Konsultation außerhalb der Sprechstunde hinzu. Manche Halter müssen mit ihren Amazonen inhalieren. Ein Profi-Inhaliergerät kostet 100,- Euro. Wir brauchen das noch nicht, weil wir noch jung sind. Aber die Mia benötigt regelmäßig Salbe für ihre Füße. Das macht auch noch mal 2,- Euro pro Monat.
Und? Was sagt ihr? Seid ihr Hunde und Katzen teurer als wir (im Unterhalt, meine ich)? Oder tut sich das nicht viel?
© Max: Papageiengeschichten