Mittwoch, 29. Juni 2011

Was für ein Tag!

Geburtstag haben ist echt klasse. Man kriegt gratuliert und Geschenke. Wenn man acht wird, so wie ich, hat das sogar noch eine besondere Bedeutung, denn viele Dinge von hohem Wert heißen mit einer Acht vorne dran, so zum Beispiel Achttausender (das sind Berge), Achttonner (Lastwagen), Achtzylinder (Kraken in Gala-Uniform) und Achterbahn. Auch mehrere Sprichwörter geben der Acht eine Würdigung. So heißt es natürlich „Habt Acht!“ und nicht „Hab neun!“. Ebenso fliegt man achtkantig und nicht dreikantig  von der Schule und aus der Kneipe. Pfefferminztäfelchen futtert man in England und auch hier „after eight“, und schließlich ruft jede Hausfrau, die was mit Stil zu tun hat, den Besuch zum Zugreifen am Büfett mit der Aufforderung: „Acht, acht, acht – auf zum Kloppen in der heißen Schlacht.“

Ihr seht also, ich bin genau im richtigen Jahr geboren. Auch das Wetter hat gestern mitgemacht. Zwar war es die meiste Zeit schön sonnig und blauhimmelig, aber zwischendurch wieder so frisch, dass die beiden Pelzfliegen ins Warme mussten und daher niemanden weiter belästigen konnten. Ihre Wollmäntel, die Mama extra für solche Zwecke gestrickt hatte, waren irgendwie nicht zu finden. Sind wohl aus Versehen vom Balkon geweht. Kann ja mal vorkommen, nicht?

Aber ich sollte von Anfang an erzählen, sonst kriegt ihr das Drama nicht mit. Das war nämlich echt super, so richtig  mit Regie voller Raffinesse. Also:

Erst mal bin ich geweckt worden. Die Mama stand mit der Mia auf der Schulter und ‘ner Kerzentorte vor der Voli und hat gejault. In den Opernchor schaffen’s die beiden nicht, das steht schon mal fest. Die Torte war wegen Rücksicht vor meiner Rotobst-Allergie eine Erdbeertorte aus Ananasstückchen. Auch die Anzahl der Kerzen war richtig abgezählt. Es waren genau acht. Da hatten die beiden Weiber mal gut aufgepasst.

Auf dem Küchentisch lagen die Geschenke. Bekommen habe ich eine rote Schirmmütze, ein neues Jo-Jo in Metallicblau, zwei Matchboxautos, die ich mir gewünscht hatte, und ein neues Puzzle aus 20 Teilen. Das traf sich gut, weil das alte Puzzle mit den 12 Teilen, das ich letztes Jahr gekriegt hatte, gerade fertig zusammengelegt war. Außerdem waren da noch mehrere Tüten Süßigkeiten, eine neue Badehose mit gelben Punkten (Streifen habe ich nicht nötig – ich bin nicht fett!), dazu ein Bilderbuch mit einer dusseligen Geschichte über Kormorane und ‘ner Spitzmaus auf Weltreise und schließlich ein Mobile aus getrockneten Apfelringen. Das war von der Mia. Letztes Jahr hatte sie mir eins aus Paprikachips und Goldfischli geschenkt. Davon hängen aber seit genau 364 Tagen nur noch die Bügel und die Fäden an der Decke.
„Damit du was zum Zielen hast“, hat die Mia gemeint.
Wenn ich es schaffen täte, ‘nen Mirabellenkern durch einen der Apfelringe zu spucken, würde sie mir ‘n T-Shirt mit der Aufschrift „Hero“ schenken. Aaaach … immer dieses Hennengezicke. Dabei weiß die Mia ganz genau, dass ich von Pflaumen Dünnschiss kriege.

Aber das dollste Geschenk kommt noch. Hier:

Ha ha ha. Ist das nicht genial? Genau genommen hat es mir niemand geschenkt, sondern ich habe es mir selbst gekauft, auf Vorschuss, von dem Geld, das ich noch zum Geburtstag bekommen täte. Das Schild ist maßgefertigt und steht hinten an unserm Garten. Noch ist mir kein Beifall für meine Verantwortung und meine Ordnungsliebe zugetragen worden, aber das kommt sicher noch; das Schild steht ja noch nicht lange dort. Auch die Mama und die Matschfalter haben es noch nicht gesehen. Oder hätte ich lieber was in Blau und Kackbraun nehmen sollen? Ich meine, damit sich der Roosevelt und der Otis noch besser repräsentiert fühlen? Andererseits: Rote Schrift sieht man deutlicher, auch im Dunkeln. Warnhinweise müssen nun mal sofort gesehen werden.

Apropos. Wir hatten gerade zu Ende gefrühstückt, da kamen plötzlich die beiden Nachtpelerinen in die Küche gesurrt. Was wollten die denn hier? Um diese Zeit schlafen sie doch immer. Sie täten mich entführen wollen, haben sie gewispert. – Entführen? Mich? Wieso? Na, zu meinem Ehrentag, dem internationalen Eierkopf-Day. Ob ich nicht wüsste, dass der überall auf der Welt am 28. Juni gefeiert wird?
Oh Mann!

Ich hatte gerade den Otis am Bein erwischt, als der Roosevelt „Halt! Hal!“ zu schreien anfing. Es täte doch nur  Spaß sein. Sie wollten mich einladen, ins Kino, das wäre ihr Geschenk für mich. – Wie … Kino? Am Vormittag? Ja, Sondervorstellung, extra bestellt.

Gut. Das hörte sich schon besser an. Die Mama hat noch gemeint, ich soll mir was Festliches anziehen, schließlich wäre heute mein Ehrentag. Da habe ich mir halt diese goldene Smokingfliege an den Hals gepappt. Ihr seht sie oben auf dem Foto. Ein Klecks Uhu reichte. ‘ne Schleife in Schwarz hatte ich so schnell nicht finden können im Kasten mit der Weihnachtsdeko.

Dann ging’s endlich los. „Spiderman“ sollten wir gucken. So hatten es die Pelzfliegen versprochen. Aber was kam stattdessen? ‘n Zeichentrickfilm, „Heidi“, komplett mit dem Geißenpeter, dem Almöhi und ‘ner Menge bimmelnder Ziegen. Um mich herum saßen Horden von Bratzglotzen aus dem Kindergarten. Erst hatten sie mich gefragt, warum ich so dick und so grün wäre, dann wollten sie mich an ihre Bewacher verpetzen, damit ein Krankenwagen geholt wird zur Rettung dieser armen, armen Schimmeltaube, und schließlich, als sie endlich Ruhe gaben, nachdem ich ihnen Popcorn hinten in den Kragen gestopft hatte, waren sie am Rumhampeln und Zwischenrufen, so dass ich kaum was mitkriegen konnte. Zu diesem Zeitpunkt waren die beiden Matschfalter längst in ihrer Sitzecke eingeschlafen. Sie trugen einen Ganzkörperhut aus Pappe um sich herum. Aber keine Angst, ich habe jede halbe Stunde nachgeschaut, ob sie noch atmeten. Popcorn ist ja auch viel weniger staubig, als man denkt.

Trotzdem war ich stinkig: mich so zu verarschen. Eine Bratwurst kaufen wollten sie mir auch nicht. Wir täten heim müssen, haben sie gesagt, als der Film endlich aus war.

Zu Hause waren alle Fenster geschlossen. Komisch. Nicht mal das Klofenster war aufgekippt. Wir mussten an der Wohnungstür klingeln. Es tat lange dauern, bis die Tür aufging. Dafür aber flog sie geradezu auf –  mit ordentlich Schmackes. Dann kam was Schwarzes, Glänzendes auf mich zugeschossen. Ich hörte nur Fiepen. Zu sehen kriegte ich was Längliches in Rosa, und irgendwas schlabberte mir links und rechts an den Ohren herum.
„Mein Gott – Smilla!“

Das war wie so ‘n Urschrei, nachdem der Fettfilm vor den Augen wieder weg war. Meine süße Smilla! Was machte sie denn hier? Gleich darauf setzte Chorgesang ein. „Happy Birthday“ sollte das wohl darstellen. Vor mir stand ein Halbkreis aus Flachkreaturen (abzüglich eines weißen Schlauchhalses), mehrheitlich in Grün, aber auch mit etwas Braun und Weiß dazwischen. Die meisten kannte ich sogar. Die andern hatte ich zwar noch nie gesehen, aber sie bereiteten mir dämmerige Einsicht wegen ihres individuellen Aussehens, an das ich mich von anderswoher zu erinnern glaubte. Jetzt wurde mir alles klar: Die doofe Aktion mit dem Kino war nur ‘n Vorwand gewesen, damit ich aus dem Haus war und sich in der Zwischenzeit die Spontanparty formieren konnte. Die Kratzfliege an meinem Hals diente dem gleichen Zweck. Püüüh … da hattet ihr mich aber schön reingelegt (obwohl ich natürlich alles von Anfang an durchschaut hatte).  

Ich bin erst mal die Unbekannten begrüßen gegangen. Dieses längliche Wesen in Cappuccino-Farben mit den Krempelsocken und der Schulmädchenfrisur – das wird doch wohl nicht …!
„Isi, bist du das?“, habe ich gefragt.
„Ja, ich bin die Isi – hallo, Max“, hat‘s geheißen.
Und wie zur Bestätigung hat mir gleich mal eben eine energische Nase ‘n Loch in die Bauchfedern geatmet.
Die Amazone mit dem Eigelb auf der Stirn, das konnte nur der neue Mitbewohner von der Cora sein.
„Tach, ich bin der Paul.“
Das Eigelb ist auf mich zugesteuert, gleich darauf krachte mir sein Flügel ins Kreuz. Ich kriegte Husten.
„Die Cora hat gesagt, du wärst ‘n ganz flotter Bursche. Wollen wir’s mal mit Fingerhakeln versuchen?“
Der Fettwamst stand auf meinen Zehen. Dann kam auch noch das Stirnrot auf mich zugelatscht. Ich kenne nur einen, der einen kirschroten Balken über den Augen trägt und dabei ‘ne Aura verstrahlt wie ‘n Hefeteig  mit Rheuma. Was wollte der Blödmann aus Franken denn hier?
„Na, Stiesela?“, hab ich gefragt. „Hat dir der Grunzer Freigang gegeben?“
„Aber klar doch. Ich bin beruflich unterwegs. Wir planen eine Seminarreihe: „Dick, dumm und geschwätzig – gibt es Hoffnung?“ Ich soll hier Material sammeln.“
„Na, dann guck dich ruhig um“, habe ich gesagt. „Es stehen ja genug Weiber zur Auswahl.“
Die Cora hat mich angeglotzt, als täten ihr gleich Giftpfeile aus der Nase schießen. Ich kenn das von der Mia. Es geht bald vorbei. Man kann aber nachhelfen, indem man sich erkundigt, wie viel die betreffende Pute abgenommen hat:
„Oh, Cora! Du siehst ja so waaahn-sinnig dünn aus! Ich hab dich fast nicht wiedererkannt!“
Glückliches Kichern. Küsschen links, Küsschen rechts – seht ihr?


 
Meine Gäste

Und dann war da noch der Frischkäse, der Harald, Mias Schwan. Der hatte mir gerade noch gefehlt. Er machte Schmatzgeräusche auf dem Parkett, watschelte hin und her. Bei seinen Flatschfüßen sollte er mal über eine Karriere als Frikadellenwender nachdenken. Gegen die Hitze gibt es bestimmt Handschuhe.

Der kleine Rote mit dem Puschel am Hintern, das ist Hubertus. Ihn kenne ich aus dem Park. Wir spielen manchmal Boßeln mit Kastanien oder Steinchen oder was gerade da ist. Dass er auch zu meiner Party gekommen ist, freute mich besonders, denn jetzt im Sommer hat er viel zu tun mit Vorratslagerung. Eichhörnchen sind immer ein bisschen besorgt, dass der Winter sie überfallen könnte und die Eicheln dann noch nicht eingekellert wären. Dagegen kann man reden, so viel man will, diese Angst kriegt man einfach nicht weg. Umso netter war es, dass der Hubertus sich für mich einen Tag freimachen konnte.

Sonst ist der Juni ja nicht so günstig zum Feiern. Alle sind in den Ferien. Das kenne ich von früher, vom Kindergeburtstag. Es hätten ruhig mehr von meinen Freunden hier sein können. Andererseits passten wir so ganz gut auf den Balkon. Der ist ja nicht so groß und die Hunde nehmen viel Platz weg. Der weiße Schwimmknödel allerdings auch. Für uns war ein Büfett aufgebaut auf dem Fußboden, richtig toll mit Decken, Kissen und bunten Tüchern. Darauf standen Teller mit lauter leckeren Sachen. Was das Herz begehrt: Obst, Gemüse, Kuchen, Wurst, Baguette, Fischstäbchen, Kartoffelsalat, dazu Limo, Cola und Malzbier. Die Pelzfliegen waren schlafen gegangen. Schade, sonst hätte ich sie der Isi heimlich auf den Teller geschnippt. Ich meine, wer Geflügelwurst futtert, sollte sich ruhig auch mal von der Schmackhaftigkeit des heimischen Nachtfleischangebots überzeugen. Hi hi hi.

Ach, seid doch nicht so humorlos. Die Isi hätte sie ja wieder ausspucken können. Die Härchen an den Beinen kitzeln sowieso am Gaumen, und die beiden Biester ziehen an allem, was sie zu fassen kriegen.

Stattdessen habe ich die Isi gefragt, wie sie hergekommen ist und ob es schwer gewesen sei, sich loszueisen.
„Mit Auto“, hat sie gesagt.
Ihre Leute hätten sie zunächst tatsächlich nicht ziehen lassen wollen wegen allerlei Bedenken. Allein im Zug? Niemals! Sie käme ja nicht an die Klinke zur Toilette ran, und dann täte sie womöglich den halben Bimmelwagen leer kaufen, nur weil sie so gern Schokoriegel auspackt. Schließlich, nach langen Telefonaten, hat man sich mit der Smilla geeinigt, dass die Isi sie abholt und sich beide den Chauffeur teilen. Das wäre zwar ein kleiner Umweg, aber was tut man nicht alles, damit sich sein Mensch in guter Verantwortung glaubt?

Warum sie nicht ihre Mutter, die Momo, mitgebracht hat, wollte ich noch wissen. Ach, die hätte nicht gewollt, hat die Isi gemeint. Das wäre eher was für junge Leute: futtern, grölen, spielen, pöbeln und so. Da sollte sich die Isi mal schön allein amüsieren gehen. Außerdem würde die Momo durch so viele Papageien auf einem Haufen unwillkürlich an Federkissen erinnert werden. Spontane Müdigkeit sei die Folge. Nicht dass sie sich dann aus Versehen den Max schnappt und ihn sich unter den Kopf schiebt. Das wäre ihr sehr peinlich, allein deswegen würde sie lieber zu Hause bleiben.

Schade. Dabei war doch die Cora hier. Die ist noch älter als die Momo. Die beiden hätten sicher was Gemeinsames gefunden zum Tratschen. Über Altengymnastik, Winterschlüpper und Dröppelschutz gibt es doch immer genug Informationsbedarf. Die Cora kann außerdem sehr leckeren Heringssalat machen und ist sehr geschickt im Handarbeiten. Bordüren stanzen ist ihre Spezialität. Darin hat sie sogar mal einen 2. Preis gewonnen. Man kann also nicht behaupten, dass die Cora piefig, ländlich oder gar trutschig wäre - ganz und gar nicht.

Die Isi hat mir übrigens ein Buch geschenkt. Das hat eine Lasche mit Schnappschloss und ein komisches Format. Vorne steht nichts drauf und innen nichts drin. Sicher ist das Geheimtinte; manche Krimis sind extra so gemacht. Damit werde ich mich später befassen. Vorerst habe ich der Isi meinen schönsten Dank an die Öhrchen gehaucht. Sie bewegten sich ganz leicht wie kostbare Gobelins  im Sommerwind.

Beim Mittagessen hat sich der Paule ewig lange mit dem Rotbalkenheini unterhalten. Ich weiß nicht, dieses Eigelb auf dem Schädel … macht ja ‘n bisschen simpel im Anblick, nicht? Dabei ist der Paule viel rumgekommen, war früher Chef einer Rocker-Gang, dann Schiffskoch und ist jetzt als Rentner bei der Cora in der Voli gelandet. Ob das nicht ‘n Abstieg wäre, habe ich ihn gefragt. Nö – die Cora sei doch total süß! Dazu tat er lachen mit einem Gedröhne wie ‘n anrollendes Paukensolo. Seine Plauze wippte hoch und runter und Kuchenkrümel kamen aus seinem Schnabel geflogen. Weiter drüben kriegte die Mia Kopfschütteln. Sie wird ja manchmal von Empörung heimgesucht. Dabei soll sie mal ganz ruhig sein. Ihr Harald tat sich nämlich die Schwimmhäute ablecken und dann Oliven aus dem Schälchen grabbeln. Und Schaschliksoße auf Weiß ist auch nichts, worauf man als liierte Pute stolz sein müsste.

Aber sein Gutschein für den Versand, der so ähnlich heißt, was ich bin, den finde ich sehr nobel. Dafür werde ich mir eine DVD kaufen. Ein Buch brauch ich nicht mehr, ich habe nämlich schon eins.

Von der Smilla habe ich ein Halskettchen bekommen. Es ist nicht aus Gold, sondern in Leder und drum herum sind lauter kleine Wappen angebracht.
„Lass mal sehen“, hat die Cora gesagt.
Und als sie die Bilder durchgeguckt hatte:
„Das ist ja alles Hamburg. Wenn der Dicke nach Hause finden soll, würde ich ja eher Hannover nehmen.“
Dafür bin ich der Cora aus Versehen auf den Schwanz getreten. Was steht sie auch so doof im Weg herum?

Der Rotbalkenheini hat mich überrascht. Von ihm kriegte ich nämlich ein supertolles Autoquartett, sogar eins mit Schiffen. Das kannte ich noch nicht. Und Hubertus hat mir einen Futtergutschein von „Döner-Papst“ geschenkt. Der ist auch sehr toll. Auf Männer ist eben Verlass. Sie wissen, was gut ist für Hirn und Magen.

Nach dem Essen tat sich die Smilla recken:
„Kinners, seid mir nicht böse, aber ich brauch jetzt Bewegung.“
„Wir könnten doch geocachen gehen“, hat die Mia vorgeschlagen.
„Au ja!“, kam es vom Hubertus geschrien.
So schnell konnten wir andern gar nicht gucken, wie die drei am PC ein paar Koordinaten rausgesucht hatten und dann die Treppe runtergewetzt waren. Vom Fenster aus waren immerhin noch ihre Farben auszumachen – für ein paar Sekunden: die Mia vorne weg in der Luft, dahinter die Smilla im Galopp mit dem Hubertus neben sind. Ehrlich gesagt war ich ein bisschen enttäuscht. Viel lieber hätte ich mit der Smilla gekuschelt oder ihr die Pfötchen massiert. Der weiße Teichheini, den die Mia mir zum Tausch dagelassen hatte, war ja nun wirklich keine brauchbare Alternative.

Als ich zurück auf den Balkon kam, hatten sich der Paule und der Stiesela schon ins Wohnzimmer verzogen. Sie hatten ‘ne Dose Bier zwischen sich und palaverten über Harleys, ob es statthaft wäre, ‘nen Wimpel dranzuhängen und wenn ja von welchem Kurort. Ich bin dann mit der Isi, dem Harald und der Cora Boot fahren gegangen. Der Harald wollte sich auch mal schnell die Füße vertreten, und den Mädels war Wasser ebenfalls ganz recht – jedenfalls solange sie nicht zu rudern brauchten.

Aber kaum waren wir am Bootsteg angekommen, ging leider die Sonne weg. Ich glaube nicht, dass das was mit der Isi oder mit der Cora zu tun hatte, aber ärgerlich war’s schon und vor allem total unnötig an so einem Tag wie meinem Geburtstag. Wir haben uns trotzdem nicht den Spaß verderben lassen. Einmal ganz rund um den See hat uns das Boot gefahren. Der Harald ist hinterhergeschwommen. Danach sind wir Eis essen gegangen. Die Isi hat erzählt, wie man Fülmstar wird, dass man dazu viel lernen muss, elegant gehen zum Beispiel oder dekorativ herumliegen und die Augen geschlossen halten. Echt? Der Harald konnte das gar nicht glauben. Was die Isi meinen täte, ob auch er eine Chance hätte auf ‘nen Schauspielervertrag.
„Bestimmt“, habe ich gesagt. „Wenn du dir ‘nen Knoten in den Hals machst und  ‘nen Seppelhut aufsetzt, kannst du als Bayern-Radi gehen.“

Bootsanleger: Isi, vorne die Cora, der Harald und ich
Später haben wir noch Minigolf gespielt im Stadtpark. Da schien die Sonne wieder. Die Isi und der Harald kommen besser zurecht, wenn sie statt den Schläger zu benutzen den Ball mit der Nase anstoßen. Gewonnen hat trotzdem die Cora. Ich glaube, das ist der Ausgleich, den Gott ihr schenkt aus Mitleid, weil sie doch sonst so erfolglos ist bei den Männern. Anders kann ich mir das nicht erklären. Die Bälle nehmen jeden falschen Drall und eiern trotzdem mit letzter Kraft, aber grinsender Arroganz ins Loch hinein. Die Cora kriegt davon elastisches Gehen und perlende Sprache. Das macht glatt zehn Jahre weniger aus.

Als wir nach Hause kamen, lag die Smilla auf dem Sofa, der Hubertus hockte daneben auf einem Kissen und die Mia saß davor und las aus einem Buch vor. Sie hatte die Stimme gesenkt. Am lila Umschlag konnte ich erkennen, dass es sich um Mamas Tagebuch handelte.

Uuiii … Weiberabend. Und mittendrin der kleine Hubertus. Der arme Kerl wird schon merken, dass die beiden Östrogenschnattern ihn aufs falsche Klo mitgeschleppt hatten.

Auf dem Balkon war die Mama gerade dabei, Lampions aufzuhängen. Gut, dass ich käme, hat sie gemeint. Ich soll mich schnell frisch machen, Schnabel waschen, Haare kämmen und so weiter, die Fete täte nämlich gleich losgehen. – Fete? Was für ‘ne Fete? Na, die Abendfeier, die Party, meine Geburtstagssause, oder was ich dächte, wozu sonst all meine Gäste gekommen wären.

Wirklich? Es sollte abends auch noch mal großes Futtern geben und danach sogar Musik und vielleicht noch Tanz? Ehrlich, damit hatte ich nicht gerechnet. Es muss mit der Acht zusammenhängen. Als ich sieben geworden bin, hatte es abends nur Hackbraten gegeben. Und die Mia hatte mir anschließend den Kinderkanal eingeschaltet.

Tja, was soll ich sagen? Es war der helle Wahnsinn. Schade, dass ihr nicht dabei wart. Ihr habt echt was verpasst.  Ha ha ha.

© Max: Papageiengeschichten
 

Originalfotos (Cora und Paule): G. H.
Originalfoto (Stiesela): U. W.
Originalfotos (Smilla und Eichhörnchen): Smilla the Heeler
Originalfotos (Isi und Schwan): Basset Schlappohren
Originalfotos (Max und Mia): A. L.

Montag, 20. Juni 2011

Rätsel 27

Ich verwöhne euch. Hier kommt gleich noch ein neues Rätsel. Es ist ein leichtes dazu. Damit ihr nicht den Spaß verliert. Das nennt man psychologische Kundenbindung. Sympathie durch Erfolgserlebnis. Hab ich im Ratgeber "BWL in Blog, Chat und Seniorenresidenz" gelesen. Wie man abgehackte Sätze schreibt, auch.



Braucht ihr wieder Tipp? Nee, ne? Ist auch so ganz leicht. 

Na schön: Es ist schwarz und unten rechts am Rand, das ist Mint.

Sonntag, 19. Juni 2011

Rätsel 26

Na schön. Wenn hier alles immer gleich geraten wird, bevor die Nachzügler hinterhertapern konnten, muss ich eben eine zweite Chance einräumen.

Hier ist sie:


Lasst euch nicht beirren von der komischen Farbe. Das Licht war so blöd am Abend. Das ist silber und der Hintergrund ist weiß.

Als Tipp reicht das, nicht?

Haut rein, Leute.

Rätsel 25

Na, Leute? Seid ihr schon eingeschlafen? Hattet ihr gedacht, der Max täte euch in Ruhe lassen?

Nö!

Hier geht's lang zum Weiterraten.
Was ist das? 


Damit's einfacher wird, wie immer Tipp: Es ist orange und man legt es sich nicht unters Kopfkissen.

Vorschläge nehme ich gern entgegen.  Viel Glück!

Samstag, 11. Juni 2011

Die Mia ist alt geworden

Dieser elegante Kringel hier unten rechts auf dem Bild bedeutet nicht etwa, dass die Mia goldene Hochzeit hatte. Nee, so alt ist sie nun auch wieder nicht, außerdem ist sie nicht verheiratet. Sie hatte Geburtstag, gestern. 9 ist sie jetzt – und da wird’s kritisch. Mit 10 läuft nämlich alles auseinander, werden die Füße runzelig, fängt der Hintern an zu hängen, geht Omi Demenz schon mal in Puschen raus in den Supermarkt. Ich weiß das, weil ich ältere Hennen kenne, die Cora zum Beispiel. Bei der drängeln sich schon so viele Kerzen auf der Torte, dass nach spätestens einer Stunde ‘n Pfannkuchen aufm Servierteller liegt wegen Resignation vorm Gewicht. Ich meine, noch ist es ja nicht so weit bei der Mia, noch hat sie ein Jahr Schonfrist, aber ansprechen darf man das Bittere ja vorsichtshalber, damit ihr später nicht die Überraschung die Augen aufreißt.

Wir hatten diesmal Eierlikörtorte. Ich musste sie anzünden, die Mama hat sie getragen und beide haben wir „Zum Geburtstag viel Glück“ gegrölt. Die Mia hockte noch in der Voli und tat so, als wäre sie überwältigt. Dabei hat sie morgens um diese Uhrzeit immer schon ihre Schminksachen nachgezählt, ob nichts fehlt. Es geht die Lüge um, ich täte mit ihrem Rouge-Pinsel meine Matchbox-Autos abpuscheln – Blödsinn!

Dann sind wir gemeinsam in die Küche gegangen, wo der Gabentisch aufgebaut war. Die Mia hat alles auseinandergerissen: „Wo? Wo? Wo ist die Kohle?“, hat sie geschrien. Sie spart doch auf ‘n Epiliergerät zum Beinerasieren. Die sind sauteuer, die Dinger, vor allem, weil’s ein Spezialapparat sein muss. Durchs Federgestrüpp an den Waden kommt nur ein elektrischer Schafscherer. „Delightful mäh“ heißt die Ausführung in Weiberpink. 149 Euro im Schäferversand.

Sonst ist wieder ‘ne Menge Glitzerkram zum Vorschein gekommen: Spaghetti-Shirts, eine Bermudas, Waschlappen mit Monogramm, dazu allerhand Töpfchen mit Stinkecreme und Farbpuder zum Vorgaukeln ausgeschlafener Gesichtsfrische. Ich habe unterdessen den Eierlikör am Weglaufen gehindert. Wenn ich nicht wie ‘n Blöder an den Tortenrändern Staumauern gegraben hätte, wäre der schöne Fusel weg gewesen. Die Kerzen machten alles weich und willenlos. Leider kriege ich von Sahne immer Aufstoßen. Die Mia hat mich angeglotzt wie kurz vor enthemmter Mordlust. Ich hätte aus ihrer herrlichen Torte ‘nen Buddelacker gemurkst, tat sie plärren. Und überhaupt! Ich wollte mich wohl lustig über sie machen - ihr mit so dämlichen Karten zu kommen.


Damit war mein Geschenk gemeint. Ich hatte ihr Visitenkärtchen ausgedruckt. Ich weiß gar nicht, was sie hat. Ist sie etwa keine Expertin für Kosmetik? Und ein paar Euro extra kann doch jeder gut gebrauchen. Man muss nur richtig Werbung machen. Bestimmt kommen jetzt ein paar Enten-Omas und wollen sich die Hacken abschmirgeln lassen. Währenddessen muss ich ja nicht unbedingt ins Bad und die Mama kann sich ruhig auch mal in der Küche waschen. Mit einem bisschen guten Willen täte sich alles regeln. 

Könnt ihr euch noch erinnern, als ich der Mia zu Weihnachten die teuren Parfümpröbchen geschenkt hatte? Und wie die Mia dann geschrien hat, ich wäre ‘n Idiot, das täte kein Parfüm sein, sondern wäre Rum-, Vanille- und Zitronenaroma aus dem Backregal? Lange gucke ich mir das nicht mehr an mit dem Gekeife. Wenn die Mia nie zufrieden ist, kriegt sie das nächste Mal eben wieder Schokolinsen. Dann soll sie sehen, wie sie damit glücklich wird. 

Zum Frühstück haben wir die restliche Torte gegessen. Danach bin ich gleich wieder ins Bett gegangen. Mir war nicht gut. Im Bauch war Waschgang und im Kopf Nebelwettbewerb. Erst am Nachmittag bin ich wieder aufgewacht. Ich hatte Durst. Die Mia saß auf dem Küchentisch, die Füße überm Abgrund, der Hintern auf ihrer neuen veilchenblauen Nicki-Jacke. In der Kralle hatte sie das Handy und war am Schnattern. Bestimmt hatte sie schon alle ihre Freundinnen durchgequatscht. Jetzt war die Cora dran.
„Denk dir – ich darf endlich mit dem Harald allein weg!“, hörte ich sie flöten.

Echt? Die Mia allein auf die Piste? Wie hatte sie das denn geschafft; sonst muss ich doch immer mitgehen. Aber die Mama tat es bestätigen: Ja, die Mia sei schon recht vernünftig, jetzt wo sie 9 ist, außerdem gehe der Harald mit und die Karten seien vorbestellt; da könne nicht viel schiefgehen.

Aha. Varieté sollte es sein. Gut so, dazu hatte ich sowieso keine Lust. Menschen, die sonderbare Dinge tun, kann ich mir schließlich jeden Tag hier daheim anschauen. Meine Mama kann auch ganz prima jonglieren (am liebsten mit Putzschwamm und Reinigerflasche), und sogar zaubern kann sie: Eben war die Pralinenschachtel noch voll … Simsalabim … jetzt isse leer.

Kurz vorm Abendbrot tat’s klingeln. Draußen stand ‘ne Taube auf der Fußmatte. Ich hätte sie fast nicht erkannt, weil sie ‘nen dicken Blumenstrauß trug, auf dem Rücken festgebunden. Der gab ihr den Anschein einer länglichen Pflanzschale mit Vogelkopf. Ich wollte gerade dagegentreten, als sie zu quaken anfing:
„Ist die Mia da?“
Ich hatte noch überlegt, ob ich das der Mia antun dürfte, aber dann dachte ich: Soll sie den Kerl doch selbst rauswerfen. Der Blumenstrauß war, wie sich herausstellte, eine Sammelaktion der Taubengruppe „Schönes Wohnen Hannover-Ost“. „Der lieben Mia alles Gute zum Geburtstag“ stand auf der Karte. Ein Gutschein über 20 Euro für freies Futtern bei McMampf steckte auch noch drin. Diese elenden Schleimer! Aber jedes Mal zu spät sein mit der Balkonmaut, sobald ich sie eintreiben will, das können sie. Da ist dann nie genug Geld da. Aber hier den Krokos spielen. Widerlich.

Später ist der Harald gekommen zum Abholen. Schwäne haben es besonders leicht mit Galakleidung: Nur ‘ne schwarze Fliege um die Gurgel knoten – fertig. Er sah diesmal aber etwas zu dolle weiß aus. Bestimmt hatte er sich mit Trockenshampoo eingepudert. Jedenfalls tat er danach riechen. Gern hätte ich die Zugluftprobe gemacht, ob Schwaden aufsteigen, aber dafür bleib keine Zeit, denn eine Parfümwolke kam plötzlich den Flur langgelatscht. Sie hatte eine weinrote Häkelstola um, trug ein gleichfarbenes Operntäschchen und ein selten dämliches Grinsen um die Schnabelklappen. Wenn ich nicht wüsste, dass die Mia schon mal verlobt war (mit dem Coco … Gott hab ihn selig), hätte ich gedacht, sie täte sich geheime Vorfreude zurechtkichern.

„Viel Spaß … amüsiert euch gut“, tat die Mama winken. Sie selbst ist gleich anschließend abgedampft zum Hallensport. Dort latscht man erst im Kreis herum, macht Dehnübungen und gemütliches Ballauftupfen, und später, nachdem man sich umgezogen hat, sitzt man gemeinsam in der Kneipe und redet über Wechseljahre und Geranienpflege. Bei Menschen heißt so was Kultur. 

So ein Abend allein zu Haus ist gar nicht schlecht: Man kann die doppelte Zeit am PC sitzen (die beiden Pelzfliegen hatten sich versehentlich selbst im Schlafzimmer eingesperrt, gleich nach dem Aufstehen). So konnte ich endlich mal in aller Ruhe Mias Cookies überprüfen, wo sie überall herumsurft, und die Passwörter vom Roosevelt und vom Otis löschen. Ablage muss schließlich sein, so ungern man sie auch macht.

Um Mitternacht war die Mia wieder da. Im Treppenhaus kicherte es. Immer wenn das Licht wieder anging, konnte ich sie knutschen sehen. Zumindest war da was Weißes mit was kleinem Grünen, das irgendwie verknäult war. Durch diese Türspione erkennt man ja leider nur Umrisse. Dann hörte ich den Harald die Stufen runterwatscheln. Es klang wie Schollen, die man in Mehl klatscht. Gleich darauf ging die Tür auf.
„War’s schön?“, habe ich gerufen. Meine Krallen hatten sich im Mauskabel verheddert. 
„Ja, super“, hat die Mia geantwortet. „Ich geh dann mal die Fledermäuse freilassen – gute Nacht.“

Ich hoffe doch sehr, dass sich das Alter nicht in unnötiger Milde ausdrückt. Mitleid mit Pelzfliegen? Das tut nun wirklich nicht nötig.

© Max: Papageiengeschichten

Samstag, 4. Juni 2011

Fertig für die Sonnensaison

Das bin ich:


mein Schreibtisch, mein Glas, mein PC, mein Mauskabel.

Je länger ich mir das Bild anschaue, desto dringender komme ich zu dem Schluss: beeindruckend, aber entschieden zu kopflastig. Das passt zu den langen Winterabenden, wenn ich beim Schein der Lampe an meinen Memoarien schreibe. Aber wer mich kennen tut, weiß um meine wilde Animalik. Ich bin der Camel-Mann unter den Amazonenhähnen. Nur sieht man das nicht sofort. Ich weiß es zu verbergen hinter meinen intellektuellen Stirnfalten.

Jetzt aber, wo die Sonne scheint und man im Gartenlokal sitzt und Eiscafé schlürft, ist es Zeit für das passende Outfit. Ich habe mich umgestylt. Die Mia hat mir geholfen. So zickig sie ist, in Modedingen und Kosmetikpampe kann ihr so schnell keiner den Sockel reichen. 

Sie ist mir gleich an die Frisur gegangen; da brauchte ich nicht lange zu bitten. Allerhand Vorbereitungen waren nötig:


Erst mal duschen.


Dann Federn eingelen, richtig hinlegen und den Rest hochzuppeln. Ich finde, das Ergebnis kann sich sehen lassen.


Yeah! So haut's jede Bistrohenne vom Barhocker. Sie braucht nur rüberzuschielen: Schon isse hin. Aber irgendwas fehlt noch. Richtig - das Goldkettchen!

© Max: Papageiengeschichten