Als wir uns zum zweiten Durchgang anstellen mussten, war es wenigstens schon taghell in Wohnzimmer. Deswegen hat einem auch keine grelle Lampe mehr ins Gesicht geschienen, als die Kosmetiktante unsere Federn beziehungsweise unser Fell stumpf puderte, und dass beim Knipsen vor der Leinwand nicht ständig ein Blitzlichtgewitter losprasselte, sondern jetzt ohne Blitz fotografiert wurde (bei Scheinwerferlicht natürlich), empfand ich als sehr angenehm. Trotzdem wurden wir herumgescheucht wie Sklaven: Guck nach oben! Den Kopf ein Stück nach rechts! Nach links! Geradeaus! Augen nicht so starr! Weicher! Noch weicher! Mund zu! Mund auf! Läääächeln!
Kameras mögen grün |
Andere haben sich von den Kommandos überhaupt nicht beeindrucken lassen. Der Pit zum Beispiel. Der hat immer nur seine beiden Gesichtsausdrücke hintereinander abgespult, egal wie sehr der Fotograf gelockt und motiviert hat. Ansonsten saß er stocksteif auf dem Schemel und bewegte sich keinen Zentimeter. Das Gleiche hat der Karlsson gemacht, allerdings in der entgegengesetzten Richtung. Während der Pit absolut nicht zum Lächeln zu bewegen war, hat er konstant die Zunge raushängen lassen und gestrahlt, gestrahlt, gestrahlt. Irgendwann hat der Fotograf aufgegeben und ist selbst mit der Kamera um den Karlsson herumgelaufen, statt ihn zu neuen Posen aufzufordern.
Die meisten von uns haben es aber ganz gut hingekriegt, das rechte Maß von Bewegung und Stillhalten. Auch so branchenfremde Leute wie die Polly haben brav gelächelt, wenn sie darum gebeten wurden.
„Macht's Spaß?“, hat sich die Cora fürsorglich erkundigt, da Pollys Interessen ja sonst etwas anders gelagert sind.
„Ist ganz interessant“, kam als gelangweilte Antwort.
Dabei hat sie ihren Einsatz verpasst. Denn als es hieß, sie soll vor die Leinwand kommen und sich auf den Schemel stellen, war ihr Hut weg. Genau genommen war es eine Krone gewesen, so ähnlich wie die von der Amy beim ersten Mal. Sie hatte auf dem Ständer neben der Couch gehangen. Die Cora war sehr stolz gewesen, dass man sie für dieses edle Teil ausgewählt hatte (und nicht die Polly, die Amy oder die Mia). Alles war jetzt am Suchen. Ein irrsinnig hektischer Trubel war von Null auf jetzt losgebrochen. Keine Zeit! Keine Zeit! Es musste weitergehen. Herrgott, wo war diese dämliche Krone? Der Fotograf schnauzte jetzt jeden an: Was für 'n Saftladen! Disziplin! Disziplin! Disziplin! Schließlich holte jemand eine flache Mütze aus dem Requisitenkoffer und warf sie wie eine Frisbee-Scheibe quer durchs Wohnzimmer. Sie landete direkt vor dem Schemel. Ohne Umschweife wurde sie der Cora auf dem Kopf gesetzt. Ich finde, in Anbetracht ihrer Enttäuschung ist Coras Modelfoto doch noch ganz hübsch geworden. Die Krone fand sich übrigens später im Vorgarten hinter der Hecke wieder. Keine Ahnung, wer sie dort hingebracht hatte. Derjenige muss aber einen verantwortungsvollen Sinn für die AHA-Regel haben, denn es heißt doch + L, nicht wahr? L steht für Lüften und gelüftet war die Krone jetzt ausreichend, ha ha ha.
Rasch habe ich die Küchentür zugeknallt und mir mit der Kralle die Ohren ausgeputzt. Schlechtes Ohrkino wird man so schlecht los. Leider konnte ich weder die Polly noch die Cora oder die Mia oder den Karlsson dazu bewegen, Jacks Küchenjob zu übernehmen, um blödsinnigen Ansprüchen von Anfang an die Basis zu entziehen. Auch der Pit zeigte sich uneinsichtig:
„Lass den Lütten in Ruh. Wir haben lange mit ihm gearbeitet. Er hört jetzt gut.“
Na, prima, ich hatte getan, was in meiner Macht stand. Und die Mia hatte noch immer nicht verraten, wie viel Geld uns das Shooting einbringen würde. Wir sollten ihr vertrauen, hieß es, und schön weitermodeln. Das haben wir gemacht – im dritten Durchgang. Davon mehr im nächsten Post.
© Max: Papageiengeschichten
Ich werde alt. Mein Vermächtnis RADIKALE TIERBEFREIUNGEN muss ja an die Jugend weitergegeben werden. Ist der Lütte lernfähig? Fragt sich Dr. Karl Sonne
AntwortenLöschenLernfähig? Du fragst ob ich lernfähig bin? Ich bin ein VIP Mitarbeiter. Ohne mich geht garnichts mehr in unserer Firma. Und ausserdem bin ich gestern schon sieben Jahre alt geworden, also nenn mich nicht Lütter.
LöschenJack
Mein lieber Karlsson, was bist du eigentlich für ein Doktor? Dr. mett, Dr. fill oder nur so einer, den man ehernhalber damit bedacht hat? Nee, halt, ich hab's: Dr. tierbef, stimmt's?
LöschenDer Lütte kommt aber trotzdem nicht mit. Wenn ihm wieder der Magen dreht im Flugzeug, nutzt die Lernfähigkeit auch nichts.
Oh, du bist schon sieben, Jack? Na, da gratuliere ich herrlich ... äh ... herzlich. Weißt du eigentlich, dass VIP-Mitarbeiter nicht im Flugzeug reisen? Sie sind zu Hause unabkömmlich, daher bleiben sie dort auch.
AntwortenLöschenIch werde Doktor genannt, weil ich alt und sehr weise bin. Mein Papa nennt mich "Karlsson" oder "Der Doktor" oder "Doktor Karl". Den Namen "Karl Sonne" hatte meine Trainerin erfunden, sie dachte, sie könnte so über mich reden ohne dass ich das merke. Habe ich natürlich durchschaut. Beste Grüße vom Doktor :-)
AntwortenLöschenAch so ist das. Da bin ich jetzt aber neidisch. Ich werde zu Hause "Dicker" genannt.
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