Sonntag, 30. September 2012

Mein Amazonen-Alphabet:
A wie Ammenmärchen

Der Max (das bin ich) proudly presents euch seine neue Kollegreihe.

Ich werde euch in schicklichen Abständen etwas über uns Amazonen im Allgemeinen und über mich (und die Mia) im Besonderen berichten. Vielleicht habt ihr ja noch Wissenslücken und freut euch, dass ich sie euch so kompetent zu füllen vermag. Möglicherweise werdet ihr dann euren Lieben daheim über den Fressnapf hinweg etwas Interessantes zu berichten haben, worauf ein überraschtes „Donnerwetter, das hab ich nicht gewusst!“ zurückkommt und der Tag gerettet ist. Zumindest aber werdet ihr mich ein wenig besser kennen lernen, denn ich werde nicht vor pikanter Intimität zurückschrecken. Erfahrungsgemäß bringt das die beste Quote. Sex & Crime, nicht wahr? Auch ich als seriöser Reporter muss schließlich sehen, wo ich bleibe.

Noch etwas zum Vorgehen. Ich werde bei A anfangen und bei Z aufhören. Ich denke, das kann man jedem zumuten. 

Auf geht’s, liebe Leser. Wir starten mit dem Thema „Ammenmärchen“.


Seht ihr was?


Oder hier bei der Mia?

Ich meine nicht, dass die Mia mal wieder total pummelig ausschaut. So sieht sie immer aus, wenn sie Schlafanzug trägt zum Dösen. Nein, ich meine, ob man uns was anmerkt im Gesicht. Falten vielleicht? Oder angegraute Schläfen?

Weil ich mir sicher bin, dass die Antwort „Nö“ ausfallen wird, kommen wir gleich zum ersten wichtigen Lehrsatz: Uns Amazonen sieht man das Alter nicht an.

Okay, ich revidiere ein wenig. Wenn wir ausgewachsen sind, (das geht schnell, da wohnen wir noch bei den Eltern), haben wir die gleiche Höhe und Breite wie die Alttiere. Wenn wir dann neben unsern Eltern auf dem Ast sitzen, kann man uns von weitem nicht unterscheiden. Nur wenn man näher rangeht, sieht man, dass unser Gefieder noch sehr blass ist. Die Farben sind noch sehr verwaschen, und unter den Flügeln sind wir nackig. Das ändert sich erst allmählich. Es bedarf also etlicher Jahre, bis die Farben so kräftig leuchten, wie man es auf Fotos von besonders schön gezeichneten Artgenossen bewundern kann. Dafür bleibt das dann aber auch so. Graue Federn kriegen wir nicht.

Wenn man also unsern Alterungsprozess von einem gewissen Stadium an optisch nicht mehr verfolgen kann, woran merkt man dann überhaupt, wie alt wir sind?

Nun, eine Möglichkeit ist, in unsern Papieren nachzugucken. Weil wir unter Naturschutz stehen, müssen wir alle einen Herkunftsnachweis haben – theoretisch. Dort ist vermerkt, wann wir geboren sind, aus welchem Land wir stammen und unsere Ringnummer. In der Praxis allerdings kommt es öfter vor, dass die Halter mit diesen Papieren schluren. Sie gehen verloren, die Vögel werden weitergegeben, ohne dass die neuen Besitzer auf diese Dokumente wert legen. Andere Vögel sind konfisziert worden oder hatten vorn vornherein windige Züchter oder Händler, die bestimmt ganz froh waren, dass die Käufer nicht allzu genau nachfragten. Diese Schiene bringt einen also nicht unbedingt weiter.

Natürlich zeigen alte Papageien eher körperliche Unregelmäßigkeiten als junge. Wenn eine Amazone Krämpfe in den Füßen hat oder ungesund atmet, kann man davon ausgehen, dass es sich wahrscheinlich um einen älteren Vogel handelt. Doch wie alt ist der Vogel genau, sofern man nicht definitiv sein Geburtsjahr kennt?

Man weiß es nicht, man sieht es nicht, man kann es nicht sagen.

Dies ist vermutlich der Grund, warum sich bis heute hartnäckig das Ammenmärchen hält, wir Papageien würden so wahnsinnig alt werden. Von bis zu 100 Jahren in Freiheit ist die Rede und bis zu 80 Jahren in Gefangenschaft. Dies betrifft allerdings alle Großpapageien, also nicht nur uns Amazonen, sondern auch die Kollegen von den Aras, den Kakadus, den Graupapageien und den Edelpapageien.

Ich würde gern mal einen 70-jährigen Kumpel sehen. Echt jetzt. Ich meine einen mit Geburtsnachweis, nicht nur nach Pi mal Daumen und mit einer gehörigen Portion Jägerlatein auf antik getrimmt. Mir ist kein wissenschaftlich fundierter Beweis bekannt für so eine lange Lebensdauer. Dagegen habe ich von Fachleuten gehört, die beruflich mit Großpapageien zu tun haben, dass sie die Obergrenze bei ca. 40 Jahren ansetzen. Dies sei ihnen aus ihrer Praxis bekannt (Gefangenschaft). Älter sei extrem selten, alles darunter weit realistischer.

Tja, das ist die Hälfte vom ursprünglichen Oh!-Effekt. Macht sich nicht mehr so gut, nicht wahr? Ist mir aber egal. Wir leben nun mal in Deutschland und nicht dort, wo unsere Vorfahren noch lustig herumschwirrten. Wir hier in europäischen Gärten und Wohnzimmern werden 15 Jahre alt, 20, 26 oder vielleicht auch über 30.


Ich bin 9, die Mia 10. Die Cora und der Grunzer sind über 20. Meine liebe Oma Granny Paula, ja, die war über 40 Jahre alt, als sie starb. Sie hatte Papiere, die das bewiesen. Die Paula war sicher eine jener großen Ausnahmen. In ihrem letzten Lebensabschnitt hatte sie es gut. Sie durfte bei lieben Menschen sein, die sich um sie kümmerten. Davor war sie Jahrzehntelang herumgestoßen und vernachlässigt worden.

Wir alle wollen schön alt werden, ist doch klar. Doch wo und wie wir das dürfen, dabei täten wir liebend gern mitreden – wenn man uns denn ließe.

Fotos:
Paula: © M. U.
Grunzer: © U. W.
Cora: G. H.
© Max: Papageiengeschichten

8 Kommentare :

  1. Lieber Max,
    das hast du ja alles sehr gut erklärt. Ich bin auch mit fast allem einverstanden. Aber sehe ich etwa aus wie über 20 ??????

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  2. Wie? Hat mir die Mia dein Alter falsch angegegen, damit sie neben dir besonders mädchenhaft rüberkommt? Du siehst natürlich aus wie ... ach, was sag ich? ... wie ... na, höchstens ... ist doch klar!

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  3. Hallo Max
    Schön das du uns mal aufklärst. Ich kenn mich mit Vögeln nämlich gar nicht gut aus! Gerade wünsche ich mir ich würde auch das Alter eines Amazonen erreichen.....das wäre einfach traumhaft! Mir wär es sogar egal, wenn mein Fell komplett ergrauen würde. Lieben Gruss Diva

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  4. Ach, Diva, nicht traurig sein. Was soll denn eine Eintagsfliege erst über uns beide denken?

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  5. Lieber Max,

    was für eine klasse Idee mit dem "Alphabet". Dein erster Vortrag war/ist super interessant. Ich dachte bis jetzt auch immer, dass Papageien URALT werden. Allerdings ist es doch auch nicht schön für einen Vogel seine Besitzer in aller Ewigkeit zu überleben. Also mich beruhigt dein Bericht ein wenig.
    Lieber ein bisschen kürzer leben, aber dafür intensiv und geliebt.

    Wir waren - ähhh, also Frauchen war letztens im Zoohandel (Heimchen kaufen) und hat sich dabei einige Papageien angesehen. Ihre Favoriten sind ja die rosa Kakadus.
    Aber ehrlich - arm werden wollten wir eigentlich nicht. Wer soll da mein Futter bezahlen? Mannohmann sind die teuer. Man braucht ja schliesslich zwei davon. Uiuiui.

    Aber - egal. Mach weiter mit deinem tollen Berichten.

    Kumpel Angus

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  6. Hallo Angus,

    ganz ehrlich? Ich fände es gut, wenn unsereins noch eine Ecke teurer wäre, als wir ohnehin schon sind, denn dann müssten es sich die Leute dreimal überlegen, ob sie sich die Anschaffung leisten können, und für uns sparen. Ich hoffte, dass dann jene Halter übrig blieben, die wissen, was auf sie zukommt, die uns nicht mit "großen Wellensittichen" verwechseln, sondern tatsächlich bereit sind, ihr Leben nach uns auszurichten. Das klingt übertrieben, aber glaub mir - wir Großpapageien sind megaanspruchsvoll. Da lag schon so mancher falsch mit seiner Einschätzung, sonst wären die Anzeigeblätter nicht voll von Abgabetieren.

    Heute gibt's die nächste Folge vom Alphabet. Ich hoffe, du bist dann wieder mit dabei. Ich freue mich über jeden Leser.

    Bis dann
    dein Max

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  7. Hey Max, wir wussten auch nicht, wie alt ihr grossen Flattermänner werden könnt. Das Schätzen haben wir uns verkniffen, denn wir wollten dich weder beleidigen noch anschleimen ;)
    Frauchen findet aber, ihr seid beide zeitlos schön! Naja...Frauen...!
    Schlabberbussi, Phoebi

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  8. Du, Phoebi, ich weiß gar nicht, warum du dich immer so über dein Frauchen beklagst. Sie ist doch total klug, realistisch, charmant - und sie hat Geschmack. Also, ICH finde sie klasse.

    5 Sterne.

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