Mittwoch, 2. September 2015

Der Rippchen-Trip (1. Teil)

Eigentlich wollte ich nie wieder verreisen – nicht wenn ich die Verantwortung habe und nicht mit so 'ner ...


... Gurkentruppe am Hacken wie in England. Dagegen eingeladen werden, sich führen und verwöhnen lassen wie von Pits Leuten auf Bornholm, ja, das lässt sich aushalten, das nennt man Urlaub, aber doch nicht mit irgendwelchen Spacken durch die Welt gondeln, und das auch noch mit meiner Kreditkarte.

Leider ist es genauso gekommen. Ich hätte nie gedacht, dass ein simples Kreuzchen auf einem Teilnahmeschein solche Folgen haben könnte.

Angefangen hatte alles im Restaurant „How rayn“. Ich war mit meiner Begleitung (wer das war, geht euch nichts an) zum Rippchen-Essen dort. Jeden Freitag all you can eat. Sehr lecker, kann ich nur empfehlen; das Gemüse braucht man nicht mitzuessen. 


Als ich beim vierten Teller war und meine Begleitung vom Klo kam, tat sie mir einen Flyer hinlegen. Das war ein Preisausschreiben. Das Restaurant wollte wissen, wie zufrieden man war. Ich habe mein Kreuz bei „Die Portionen könnten größer sein“ gemacht und beim Rausgehen den Flyer in den Kasten geworfen. Mit dem Einwurf war nicht nur der Zettel weg, sondern gleich die ganze Angelegenheit aus meinem Gehirn gestrichen. Ich habe nie Glück bei so was. Was werden die schon groß verlosen? Pink lackierte Schaschlikspieße oder Schweineärsche als Förmchen für die heimischen Eiswürfel oder was?

Ein paar Wochen später kriegte ich Post. Das Restaurant tat mir gratulieren. Ich hätte den ersten Preis gewonnen – eine Reise, eine Woche für zwei Personen mit Halbpension und Touristikprogramm.


„Super!“, hat der Paule am Telefon gesagt. „Da komm ich doch glatt mit, ich als alter Biker, das ist ja wie für mich gemacht.“
Die Mia hat geschrien:
„Wenn der seine Henne mitschleppt, aber der Harald nicht mitdarf, dann bleib ich auch hier und dann darfst du auch nicht weg, so!“

Boah, das ging ja schon wieder gut los.

Wusstet ihr das? Der Paule ist seit kurzem neu liiert. Seine Schnalle heißt Rebecca. Ich habe sie noch nicht persönlich kennen gelernt, aber die Cora hat gesagt, sie wäre Aerobic-Trainerin auf einem Eierhof im Saarland. Früher hätte sie selbst noch gelegt, jahrelang in der Nachtschicht mit allem Drum und Dran, wäre dann aber nach schmerzvollem Ringen vom Milieu fortgekommen und arbeitet jetzt in einem soliden Beruf. Davor müsse man Respekt haben, denn nicht jede schaffe den Absprung in die bürgerliche Welt.

Rebecca


Die Mia hatte andere Sorgen. Ihr Frischkäse, der Harald, war unabkömmlich für die Reise. Er musste nämlich auf Lehrgang in die Eifel, Gewässer-Management mit Schwerpunkt Sponsoring. Man kann auch sagen, er sollte dort lernen, wie man den Ommas am Ententeich beibringt, statt der altbackenen Brötchen frische Croissants ins Wasser zu werfen. Um ehrlich zu sein, war ich schon selbst auf den Gedanken gekommen, die gesamte Reise zu canceln und mir den Geldwert auszahlen zu lassen. Die Mia hätte also gar nicht solchen Wind zu machen brauchen von wegen: „Dann verderb ich dir eben komplett alles, ätschi-bätschi.“ Doch beim Veranstalter hatte man gesagt, das ginge nicht, ich müsste die Reise antreten, sonst würde sie verfallen. Allerdings dürfte ich mehrere Begleiter mitnehmen, weil wir ja kleiner wären als Menschen: insgesamt fünf, nur nicht nicht so große Tiere, Elefant würde nicht gehen, Giraffe auch nicht.

Wo denn genau die Grenze sei, wollte ich wissen, um Ärger zu vermeiden. Da müsste sie erst in der Zentrale nachfragen, hat die Dame gesagt, und als sie zurückrief, hieß es:
„Bei Border Collie.“
„Inklusive oder exklusive?“
„Exklusive. Border Collie geht nicht mehr.“


Kurz darauf tat die Amy anrufen. Sie war am Plärren. Gemein wäre das, total fies, sie täte gegen diese Diskriminierung protestieren. Ich wäre ein selten arschiger Kotzbrocken. Endlich, hätte sie  gedacht, würde ich sie auch mal einladen, an einer Reise teilzunehmen, aber nicht mal das würde ich hinkriegen und jetzt dürfe sie sowieso nicht mitfahren. Am besten, sie täte überhaupt nicht mehr mit mir reden. Sprach's und knallte den Hörer auf.

Woher wusste sie überhaupt davon? Wahrscheinlich hatte die Mia sie angerufen und ihr alles brühwarm erzählt, die alte Petze. Meine Vorfreude stieg ins Unermessliche.

Die Cora war auch schon vorgewarnt. Die tat schon ihren England-Rucksack ausbürsten. Dabei hatte ich sie noch gar nicht gefragt, ob sie überhaupt mitfahren wolle.
„Wieso? Die kommt doch immer mit“, hat der Paule gemeint.
Das ist zwar korrekt, aber ein Reiseleiter hat auch Gefühle; er freut sich über die Einhaltung  gängiger Höflichkeitsvereinbarungen. Bei uns in Deutschland ist es nun mal üblich, dass derjenige, der bezahlt, die Plätze verteilt, sie aber nicht schon eigenmächtig besetzt vorfindet.
„Sei nicht so pingelig“, hat der Paule gesagt. „Die Cora freut sich auf den Pit, du bist gar nicht im Sender. Seit sie wieder solo ist, ist sie manchmal etwas zerstreut. Außerdem bezahlst du doch gar nichts. Die Reise ist umsonst und die Kreditkarte gibt dir deine Mama.“

Dass die Cora ihren Lover los ist, das hatte ich auch schon mitgekriegt (endloses Geschnatter am Telefon mit der Mia). Ehrlich, mir tat das auch sehr leid. Gerade für so 'ne alte Henne wie die Cora ist es ja nicht mehr so einfach, sich bedingungslos zu verlieben. Da hat man festgefügte Ansprüche – und die Männer natürlich auch. Wie soll das zusammenpassen? Allerdings das mit dem Pit, das sollte sie sich man gleich abschminken, das täte nicht hinhauen, der täte nämlich gar nicht mitfahren.

Drei Minuten später klingelte das Telefon. Der Pit war dran:
„Red nicht so 'nen Scheiß, Max. Selbstverständlich fahre ich mit.“

Oh Mann, ich war müde, so richtig abgrundtief müde. Die hatten unsere Wohnung verwanzt, anders konnte ich mir das nicht erklären. Vermutlich kassierten die Matschfalter das Geld, damit man in Schleswig-Holstein und in Duisburg immer sofort über jeden meiner Schritte unterrichtet war. Und solche Leute sollte ich kostenlos zu 'ner Ferienreise einladen? Ich musste bekloppt sein.

„Na gut, Pit“, habe ich geantwortet. „Aber wehe, du schleppst wieder dein Schnarchkissen mit. Dann fliegst du raus, du Komiker.“

Nach zehn Minuten rief der Pit ein zweites Mal an:
„Du, Max, ich kann nichts dafür. Der Jack kommt auch mit.“

Moment mal, ja? Immer noch war ich der derjenige, der die Entscheidungen treffen tat. Was hieß hier, der Jack käme auch mit?

„Ich sagte doch, ich kann nichts dafür. Die Mama macht mit der Amy eine Wellness-Woche. Das hat sich kurzfristig entschieden, weil die Amy nicht mit dem Weinen aufhören will. Und weil ich dann ja auch nicht da bin und der Kleine nicht allein zu Hause bleiben darf, muss ich ihn halt mitnehmen.“
„Dann soll der Opa kommen zum Babysitten“, habe ich gesagt. „Oder die beiden Weiber fahren in einer andern Woche weg, nicht gerade an unserm Termin.“
„Das geht nicht“, tat der Pit behaupten. „Der Opa wird in dieser Woche krank sein und das Wellness-Angebot gilt nur an diesem Datum.“

Ach so. Hm. Das war jetzt echt blöd. Ich habe nichts gegen den kleinen Spanier. Wir sind auf Bornholm gut miteinander ausgekommen, auch halte ich es für pädagogisch wertvoll, wenn er jemanden hat, der das unsägliche Gelaber vom Ringelplüsch relativiert, damit er nicht einseitig verdorben wird, aber deswegen gleich so weit wegfahren? Würde ihn das nicht überfordern?

„Nö“, tat der Pit insistieren. „Der ist zäh, der lütte Bursche. Er kann schon bis fünfzig zählen.“

Okay, in Gottes Namen denn, war die Reisegruppe also komplett. Ich fühlte mich zu müde, um noch zu diskutieren.

Am Abend kam die Cora nachgeklappt. Sie hätte da mal 'ne Frage. Wohin würde die Reise überhaupt gehen. Sie müsse das wissen wegen der Reisegarderobe. 



Ach, hatte ich das noch nicht gesagt? Wir fliegen hierhin, nach Nevada:




Na, welches von den Kästchen ist es wohl?
Nein, falsch, das hier ist Nevada:



Wir sind eingeladen auf der Ponderosa. Das ist ein Hotel von Leuten, die dort wohnen, und wir werden …

„ZU LITTLE JOE?“, hat die Cora gebrüllt.
Ich dachte, mir knallt 'ne Gewehrkugel aufs Trommelfell. Gab's da gratis Lidschattenpröbchen abzustauben oder warum kriegte die Cora derartig Ekstase?

Ich habe wahrheitsgemäß geantwortet, dass ich die Leute nicht kennen täte, aber ich hätte mich natürlich im Netz ein bisschen schlau gemacht. Das Hotel heißt, wie gesagt, Ponderosa. Es liegt am Lake Tahoe. Die Hoteliers gehören zu den Alteingesessenen. Zeitweise haben sie sogar eine eigene Fernsehshow gehabt. Ihr wisst schon, so eine Reality Show, wo man die Kameras zugucken lässt, was man den ganzen Tag so macht. 

Der Lake Tahoe

„Ja, ja, ja … ich weiß, Max. Laber nicht so viel herum. Däm-deräm, deräm, deräm … Booo-nan-zaaaaa. Hach, ich bin ja so aufgeregt! Das muss ich gleich der Mama erzählen. Die wird Augen machen. Was zieh ich bloß an, wenn ich  neben Little Joe beim Captains Dinner sitze?“

Und schon war die Cora wieder weg.

Ich habe dann noch die andern gefragt, ob sie sich der Cora anschließen würden oder ob sie auch nicht wüssten, um was es geht. Die Antworten ließen zwei deutliche Tendenzen erkennen. Die Alten (und die Uralten) wie die Cora, der Paule, Tante Gisela, Tante Susanne, Opa und die Putze hatten tatsächlich schon mal von diesem Bonanza gehört, wir Jungen, Frischen dagegen nicht. Der kleine Jack meinte nur „Häh?“, der Pit kam gar nicht erst ans Telefon und die Mia tat die Augen verdrehen und die Behauptung rauszicken:
„Bestimmt ist es da so furztrocken, dass wir nur Backpflaumen treffen werden. Nevada ist doch Wüste, nicht?“

Okay, das reichte. Ich tat ein Machtwort auf den Tisch hauen:
„Dass mir keiner mehr aufmuckt! Am Tag der Abreise will ich alles bereitstehen sehen! Bis dahin will ich kein Meckern hören – und danach auch nicht!“

Mir schwante Übles, aber es gab kein Zurück mehr. Ein Rückzieher hätte meinem Ansehen geschadet.

Fortsetzung folgt.

Fotos:
Cora und Paule: © G.H.
Amy, Pit und Jack: © Club der glücklichen Vierbeiner
Stofftiere, Henne: Morguefile
Rippchen, Landkarte, Lake Tahoe: Pixabay 

© Max: Papageiengeschichten

14 Kommentare :

  1. Boh - hier ist so viel neu - bin schon ganz erschöpft vom vielen Nachlesen, gucken und wundern ...
    Komme wieder - bis bald - eure Bente, die besonders die Rebecca liebt :-)

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    1. Oooch, so viel neu ist hier doch gar nicht. Nur der Blog ist verbreitert, das Headerbild ist anders und das Bild von der Mia. Sonst ist alles wie vorher.

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  2. Wuff Max,
    kaum zu glauben, das fing alles mit einem Essen an?
    Ich hoffe du hast nun alles im Griff, ohne dass gemeckert wird.
    Wuff Tibi

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    1. Nun ja, nicht direkt mit dem Essen. Die Nahrungsaufnahme an sich ist harmlos, man darf nur nicht an Preisausschreiben teilnehmen. Da hat man den Salat. Dabei war ich so froh, dass ich die letzte Reise heil überstanden hatte. Das mit dem Gemecker, ich meine, dass das aufhört, wird wohl ewig ein Wunschtraum bleiben.

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  3. Ähem,.

    also ich muss da wohl mal was richtig stellen, also, wir kennen sehr wohl die Ponderosa und die Cartwrights und natürlich auch Little Joe. Wie alle älteren Damen war Little Joe, der Held aus Mamas Jugend und seit auf SAT 1 Gold die Wiederholungen laufen, lebt Little Joe praktisch in unserem Wohnzimmer.
    Mir ist das Ganze ein bisschen peinlich und warum redet eigentlich keiner von Hoss? Hoss war stark und hatte immer etwas zu Essen....
    Und nun zu Dir Max, Du tust immer so, als würdest Du uns gar nicht brauchen, dabei wärst Du ohne uns nur einsam und verbittert. So bist Du wenigstens nur verbittert.
    Eine Bitte hätte ich aber noch, wegen der Schnalle von Paule, also ich wollte fragen, wäre es möglich, also mir wäre das schon wichtig, äh, also ich hätte gerne jeden Morgen ein Frühstücksei, kannst Du das bitte regeln.
    Pit

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    1. Mein lieber Pit, ich bin nicht verbittert und auch nicht einsam. Ganz im Gegenteil, ohne euch am Hacken steigt meine Laune ins Unermessliche, und gut drauf sein ist ja wohl das Gegenteil von verbittert.

      Was die Rebecca betrifft, so hatte ich dir schon vor der Abreise gesagt, die kommt nicht mit, Frühstücksei hin oder her. Außerdem arbeit sie gar nicht mehr in diesem Job, auch das wusstest du. Wie du hier auf perfide Weise den Eindruck enstehen lassen willst, als würde ich euch bei Wasser und Brot verhungern lassen, ist mehr als undankbar. Pfui, pfui, pfui.

      Auch Hoss Cartwright ist erschüttert. Er hatte bisher eine hohe Meinung von Katzen, eine sehr hohe.

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    2. Wohl mag der Hoss Katzen. Und mich mag er ganz besonders.
      Naja, ich bin ja auch was besonderes.
      Froh bin ich ja nur, dass wir in das Land das Steak und Forellen als Hauptgericht hat fahren..ach was freu ich mich. Ist doch was anderes als fünf-Uhr-Tee mit ein paar trockenen Keksen.
      Und bei der letzten Reise, warst Du schon ganz schön kniggerig, wer weiß wo wir geblieben wären wenn die Mia un die Cora nicht so gut für uns gesorgt hätten.
      Pit

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    3. Wenn du mit meinem Catering nicht zufrieden bist, dann kannst du das nächste Mal ja allein mit der Cora und der Mia verreisen. Viel Spaß beim Shopping - tagsüber - und nachts beim Schnattern in Endlosschleife und beim Krallenlackieren. Bestimmt werden sie dir erlauben, die Tüten zu tragen und das Fußbänkchen zurechtzurücken.

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  4. Boah wie cool ist das denn . Nimmste mich bitte mit nach Nevada ? Mein Frauchen war früher mal verknallt in den Little Joe von der Ponderosa ich täte ihr gern ein Autogramm mitbringen . Liebe Grüsse Donna P.S. Ich pack schonmal Koffer

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    1. Hallo Donna,

      leider muss ich Dir sagen, dass nicht mal die Amy mit darf. Die ist auch schon fertig mit den Nerven, so hatte sie sich doch extra ihre Border-Collie-Locken eingedreht. Unsere Mama fährt jetzt zum Trost mit ihr in ein Wellness-Hotel für Coliies.
      Vielleicht solltest Du Dich für nächstes Jahr Bornholm mit anmelden.

      Liebe Grüße
      Pit

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    2. Ha! Noch 'n Weib, das in Little Joe verliebt war. Meine Putze konnte sich nicht entscheiden, ob sie nicht lieber Porter Ricks von "Flipper" nehmen sollte. Wenn ich das höre, freue ich mich, dass ich ein Mann bin. Aber das mit dem Autogramm, mal sehen, das wird sich veilleicht machen lassen, Donna.

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    3. Ach, noch was, Donna. Der Pit hat Recht. Es gab auf der Reise eine Größenbeschränkung vom Veranstalter. Collie war zu groß. Tut mir leid. Vielleicht klappt's auf Bornholm. Das kann ich dir wärmstens empfehlen. Tante Susanne kocht gut, den Opa kann man bequem beim Kartenspielen abzocken, die Unterbringung ist komfortabel und das alles für lau. Genau das Richtige für strapazierte Nerven.

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  5. Ja, für Dich war alles entspannend...aber frag mal die Mama. Sie war schon ganz schön fertig als der Panzer plötzlich vor der Osterlars stand und sie die Kavallerie überreden musste abzurücken. Es war nicht so einfach denen zu erklären das in der Kirche nur harmlose Tiere waren und keine Rocker-Gang.

    Pit

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    1. Nun, deine Mama war einfach Klasse, Pit. Ich wünschte, meine Putze wäre auch so tough.

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