Sonntag, 11. Januar 2015

Die große Sause (13. Teil)

Wegen des Ausflugs vom Pit mit der Cora zum royalen Dampfer in Leith sind wir erst am Nachmittag aus Edinburgh weggekommen.
„Wohin fahren wir jetzt?“, wollte die Mia wissen.
„Wir haben im Bordrestaurant Irish Coffee getrunken“, hat die Cora gesagt und blöde gekichert.
Ihr Kopf lag dem Grunzer auf der Schulter.

Ich fand, dass es Zeit wurde, nach England zurückzukehren. Ich meine, wir waren zu einer England-Reise aufgebrochen, aber die meiste Zeit durch Wales und Schottland gegurkt. Nicht, dass es dort hässlich war, keineswegs, aber eine gewisse Disziplin ist selbst auf Urlaubsreisen nötig, damit Plan und Vollzug wenigstens einigermaßen deckungsgleich bleiben.
„Also, wohin geht’s jetzt?“, hat der Pit gedrängelt.

Mit einmal umsteigen sind wir am Abend in Harrogate gelandet. Das liegt in Yorkshire, noch über Leeds und Sheffield, wo Schornsteine rauchen. Mir aber war nach kleinerer Stadt zumute, nach Ruhe und Beschaulichkeit, ohne die Ablenkungen, mit denen schwache Weiber durch allzu gut sortierte Einkaufsstraßen in Versuchung gebracht werden. Außerdem ist Harrogate früher ein berühmtes Kurbad gewesen, eisen- und schwefelhaltige Mineralquellen, ihr versteht? Das würde sich bestimmt in reizender, fotogener Architektur niederschlagen, und die Luft wäre sicher auch empfehlenswert.

„Kriegt man mit dem Schwefelwasser das Schwarz vom Harald?“, hat die Mia gefragt.
Ihr Blick hatte was Flehentliches. Wir erinnern uns: Die schneefarbene Teichfregatte war inzwischen zum Piratenschiff mutiert, inklusive roter Warnvorrichtung am Mast. Neulich in Conwy, als wir dringend auf Unauffälligkeit in der Nacht angewiesen waren – ihr wisst doch? Burg, Pit, Zerstörung, Flucht –, da hätten wir die Tarnfarbe gut gebrauchen können, aber jetzt machte sie nur miese Stimmung bei der Mia.

„Liebst du mich nicht mehr, nur weil ich anders aussehe?“, tat der Harald jammern.
Immerhin hatte die schmutzfreundliche Kombination aus Schwarz und Rot noch andere Vorteile, doch davon später mehr.

Erst mal musste das Gepäck abgestellt werden. Um dem Harald das Los seiner eingebüßten erotischen Ausstrahlung ein wenig zu mildern, habe ich ein Zimmer im altehrwürdigen Swan Hotel spendiert. Denkt euch, S W A N Hotel. Wie das schon klingt … Da hat man doch gleich den dezenten Duft von Melissenöl in der Nase und das „Chamor, Chamor, Chamor“ einer Chulio-Iglesias-Platte im Ohr. Das Hotelzimmer war nobel und nicht ganz billig, wenn auch die Betreiber leider keine Schwäne waren, so wie ich gehofft hatte. 

Das Swan-Hotel

Wenigstens die Mia war angetan von den weißen Badetüchern, und das kam letztlich auch wieder dem Harald zugute, so dass wir dann doch einigermaßen gefestigt zum Abendessen aufbrechen konnten. 

In der Innenstadt sind tatsächlich noch etliche Relikte schnörkeliger Vergangenheit zu bewundern, hier zum Beispiel das ehemalige türkische Bad: 

Türkische Bäder

„In der Sauna waren wir beide noch nie zusammen“, hat die Cora gesagt und ihren Frankensepp angefletscht wie 'n Hai auf Eierlikör.
Boah, wer wollte den schon nackt sehen?

Hier neben dem Eckhaus sind wir Essen gegangen:

Betty's Tea Room

Ich erwähnte es bereits: Die aktuelle Farblage vom Harald eröffnete Gelegenheit für kulinarische Experimente, zu denen wir sonst keine echte Gelegenheit hatten. Deshalb habe ich überbackene Tomaten bestellt. Für alle. Ich fand das bekömmlich nach der Gulasch-Orgie vom Campingplatz in Iverness. 


Und wirklich, die Flecken sah man nicht auf dem schwarzen Untergrund, auch nicht am roten Schnabel. Nur der Pit war am Nörgeln. Dem war zu wenig Fleisch in der Füllung. Eigentlich war da überhaupt kein Fleisch drin, denn es handelte sich um vegetarisches Essen. Dafür aber blieb dem Pit der Quark in den Barthaaren kleben, lauter glänzende Klümpchen. Als er sich rasch zu mir umdrehen tat, weil ich angemerkt hatte, dass da wohl Hackbröckchen auf meinem Teller seien („Nee, doch nicht.“), sind die Quarkperlen in einer abrupten Spontaninitiative davongesprungen und haben sich einen neuen Wirt gesucht. Der Harald hatte plötzlich lauter weiße Sprenkel am Hals.

Der Mia ist der Löffel aus der Kralle gerutscht.
„Wenn jetzt noch mal was mit deinem Aussehen passiert, nur ein einziges Mal, dann ist es aus zwischen uns“, hat sie geheult.
Die Cora musste ihr nachrennen aufs Klo. Wir andern haben unterdessen Vanilleeis mit flambierten Kirchen gegessen. Es war fantastisch, die Kirschflecken taten ebenso unauffällig im Schwarz versickern wie vorher der Tomatensud.
„Ich an deiner Stelle würde überlegen, ob ich die schwarzen Federn nicht ganz behalten täte“, habe ich dem Harald empfohlen. „Ist doch viel pflegeleichter als Weiß.“

Als die Cora mit der Mia zurückkam, war es bereits dunkel draußen. Die Mia hat kein Wort mehr mit ihrem Liebhaber geredet. Wir standen auf dem Bürgersteig. Ich habe dem Pit gesagt, er soll sich näher an den Harald heranstellen, damit ihm ein bisschen Trost zuteil werde, so von Mann zu Mann.

Das Geniese hat im Dunkeln besonders laut gehallt, oder täuschte ich mich?

Ja, Mensch, nun war ich so abgelenkt mit dem Wohlbefinden vom Harald, dass mir das Wichtigste jetzt erst auffallen tat: Wo um Himmels Willen war die Stadt geblieben?

Alles dunkel. Alles leer um uns.

Harrogate

Hier auch.

Harrogate

Uff, wenigstens Scheinwerfer zu sehen, Zeichen lebenden Daseins. Aber wo waren sie alle hin?

Harrogate

„Bisschen wenig los hier, nicht wahr?“, fand der Pit.
„70.000 Einwohner, Messe- und Kongresszentrum. Vielleicht sind sie alle im Pub“, meinte die Mia.
„Au ja, lasst sie uns suchen gehen.“
Das war die Cora.
Nö. Nicht schon wieder Guinness, Whiskey oder Fruchtsaft. Ohne mich. Man wusste ja, wo das endet.
„Auf Apfelsaft habe ich aber keine Lust“, hat die Cora gemeckert.
„Dann kannst du ja Aalwasser trinken, das mit Ginseng. Das ist auch eine britische Spezialität“, habe ich gesagt.
„Das heißt Ginger Ale und ich geh jetzt ins Hotel,“ kam vom Harald.

Er ist allein losgewatschelt. Fast wäre er unbemerkt in der Dunkelheit verschwunden. Wir haben uns rasch angeschlossen, aber mir war nicht ganz wohl dabei:
„Nicht dass gleich Jack the Ripper um die Ecke kommt.“
„Quatsch! Was sollte der hier wollen?“
„Na, wenn er hier auf Urlaub ist?“
„Blödmann. An so was Beklopptes glaubst auch nur du.“
Die Mia hat noch lange den Kopf geschüttelt.

Das Hotel haben wir vollzählig erreicht. Niemand ist ermordet worden, und an der Rezeption waren auch wieder Lebewesen aus Fleisch und Blut zu besichtigen. Alles schien wieder im Lot zu sein.

„Jetzt weiß ich es wieder“, hat der Grunzer beim Schlafengehen gesagt. „Mir kam der Name gleich so bekannt vor. Hier in Harrogate war der Europäische Songcontest. 1982. Hier hat Nicole gewonnen. Ein bisschen Frieeeeeden, ein bisschen Freeeeude ...“
„Ja, stimmt!“ Der Cora stand Glanz in den Augen. „Mein Lieblingslied ist ja von Johnny Logan „What's another year“.“
„Ist das dein Motto fürs Heiraten?“, habe ich gefragt. 
Die Praline im Silberpapier, das Betthupferl vom Hotel, ist mir direkt an die Stirn geknallt. Gott sei Dank war kein Kognak drin.

Am nächsten Morgen nach einem reichhaltigen Frühstück mit einer Extraportion Schinken, Salami und Würstchen für die Nassfutterfreunde unter uns tat die Welt schon wieder ganz anders aussehen. Die Sonne schien und auch Harrogate hatte seine Bevölkerung zurück. Ich konnte meine Mitreisenden mit der Nachricht erfreuen, dass wir gleich zu einer Wanderung aufbrechen würden. Yorkshire sollte ja eine sehr liebliche Landschaft haben. Die galt es zu erkunden.

„Och nö, nicht schon wieder latschen. Das haben wir doch erst in Schottland gemacht.“

Was musste ich hören? War das Widerstand? Womöglich Revolte? Meuterei? Vatermord?

„Wir gucken uns ja gern die Landschaft an“, hieß es weiter, „Aber nicht den ganzen Tag und nicht alles zu Fuß.“

Na schön, ich wollte mir schließlich keine Hartherzigkeit nachsagen lassen. Den halben Vormittag bin ich herumgerannt auf der Suche nach einem Fuhrunternehmen. Die andern waren unterdessen mit dem Harald am Badeteich. Ein bisschen was Gemütliches sollte es sein mit Frischluft und Eventcharakter, aber so sehr ich auch suchen tat, nirgends hatte jemand Kutschfahrten im Angebot. Für viel Geld und nach harten Verhandlungen war es mir endlich gelungen, eine würdige Alternative aufzutreiben.


„Oh, wow! Eine Hochzeitskutsche!“, hat die Cora geschrien.
Ruckzuck hatte sie sich den Grunzer unter den Flügel geklemmt. Er musste neben ihr auf dem Kutschbock Platz nehmen. Dann kam die Mia und schließlich ich:
„Macht mal Platz da!“
Der Frischkäse musste hinten einsteigen. Erstens war er zu breit für vorne und zweitens war die Mia noch immer stinkig auf ihn. Ja, wenn er weiß gewesen wäre, ja, dann hätte er gut in die Hochzeitskutsche gepasst, doch so schwarz, wie er war – nä! Da verstand die Mia keinen Spaß. Dem Pit war das egal. Der hat sich freiwillig mit nach hinten gesetzt. So blieb ihm mehr Raum für das Lunchpaket, das er sich vom Frühstück zusammengeklaut hatte. Zwischen den Plastikhenkeln guckte 'ne Flasche Cola raus. Die alte Mampfsemmel hatte natürlich wieder an alles gedacht. Ich war gespannt, ob er uns was abgeben würde.

Unser DuPeng-Reiseführer hatte nicht zu viel versprochen. Yorkshire ist wirklich sehr hübsch. Nicht gerade dicht besiedelt, aber gewellt mit viel Grün und Himmel. Also das Übliche. Nur sind hier die Bodenwellen nicht ganz so hoch wie anderswo und die Wiesen sind eingezäunt mit halbhohen Steinmauern, so wie es typisch ist für Yorkshire. 

Typische Steinmauer in Yorkshire

Unser Kutscher hat uns weit herumgefahren, im angenehmen Trab die schmalen Wege entlang, die Hügel hinauf und wieder hinunter. Ehe Empörung aufkommt: Ich habe später den beiden Pferden ein ordentliches Trinkgeld gegeben. Sie haben ihren Job wirklich gut gemacht. John und Wilma hießen sie. 

Yorkshire

Das friedliche Ambiente tat sich besonders günstig auf die Cora auswirken. Von dem Geheule, das uns noch in Schottland das Gehirn gequirlt hatte, war nichts mehr zu spüren. Keine Rede mehr von den dicken Schwestern im Labor und auch kein Wort zum Ausflug mit Irish Coffee und dem Pit auf die Britannia. Die Cora hatte sich den Frankensepp dicht herangezogen und grinste nun glücklich vor sich hin.

Yorkshire

Die Mia dagegen tat weiterhin finster gucken. Kein einziges Mal hat sie sich während der Fahrt umgeschaut, um nach ihrem Liebsten zu sehen oder um ihm wenigstens erotische Zugänglichkeit zu signalisieren. Stur tat sie geradeaus starren. Sonst hatte sich auch niemand umgedreht und von hinten war ebenfalls keine Ansprache gekommen. Regelmäßig hat man den Harald niesen hören, unterbrochen von Plastikgeraschel und Kaugeräuschen, so wie sie holsteinische Knackwürste verursachen, wenn sie Thunfischsalat futtern oder Blutwurstscheiben.

Wir waren schon einige Stunden unterwegs. Vielleicht war es Hunger, der die Mia schließlich doch noch veranlassen tat, einen Blick nach hinten zu werfen, um den Pit nach einem Stückchen Brot oder einem anderen Sättigungselement zu fragen. Ihr Schrei hätte uns fast vom Kutschbock gefegt. Himmel, was war los? Im Nu sind alle Köpfe herumgeflogen.

Hinter uns auf der Bank saß der Ringelplüsch, Kopf nach hinten gelegt, Nase in den Himmel gereckt, Sonnenbrille auf – und neben ihm hockte der Harald.

Öhm, ja.

Das war er:


Hi hi hi. Bekloppt.

Das Gekreische der Mia hatte Explosionscharakter. Hasen waren zu sehen, wie sie übers Feld davonjagten, der Kutscher ist vor Schreck auf die Bremse getreten.
„Was hast du gemacht?“, hat die Mia geplärrt. „Jetzt ist es genug! Ich will nicht mehr! Ich will deinen blöden Herpes-Pickel nicht! Es ist aus mit uns!“
„Aber Mia …“, hat die Cora versucht, Frieden zu stiften.
Und dann hat sich der Grunzer zu Wort gemeldet.
„Mia“, hat er geschmalzt und ein Expertengesicht gemacht. „Wahre Liebe verzeiht alles.“

Mia
Oh, das hätte er nicht sagen sollen. Wie die Mia ihn anfahren tat, war sehenswert:
„Ach, halt die Klappe, du … du … Spätberufener. Du hast doch keine Ahnung, du erotische Nebelleuchte. Das Geschwür da auf dem Schnabel ist der Gipfel an Rücksichtslosigkeit. Ich kann mich nirgends mehr blicken lassen. Nie bin ich so gedemütigt worden. Buhuhuuuuu. “

Und weiter ging das Geschrei.

Unterdessen tat der Harald unbeweglich dasitzen und bedröppelt gucken. Der Pit meinte auf meine Frage, warum er denn nicht eher Bescheid gesagt hätte, als sich die Wandlung vollzog:
„Wieso? Welche Wandlung ? Was ist denn geschehen?“
Dem würde ich die Sonnenbrille wegnehmen müssen. Dringend. Die tat ihm nicht gut.

Jetzt wollte die Cora wissen, ob das rote Gebamsel an der Nase weh täte, irgendwie druckempfindlich sei oder jucke.
„Nö.“
„Und wenn es ansteckend ist?“
Jetzt tat die Mia in den fünften Kreischgang schalten. Schließlich meldete sich der Kutscher:
„Wäre es nicht besser, wir holen Hilfe? Ich ruf gleich mal unsern Tierdoktor an. Wir haben einen sehr guten hier.“
Es war zu vernehmen, wie er am Handy nach Dr. Herriot fragen tat. Die Mia wagte einen Blick unter dem Tränenschleier hervor.
„Ach was, das ist der nicht“, habe ich die Cora sagen hören.

Eine halbe Stunde haben wir warten müssen. Der Pit hat Sandwiches und Kekse verteilt. Also doch. Großzügig hatte er für uns mitgeklaut am Frühstücksbüfett. Guter Junge. Das verdient Anerkennung und Erwähnung, was ich hiermit tue. Dann war am Horizont ein Auto zu sehen. In Yorkshire lässt sich weit blicken, zumindest wenn man auf einem Hügel steht. Das Auto kam näher. Das neuste Modell war es nicht gerade, aber es schaffte, emsiges Bemühen zu vermitteln. Schließlich hielt es neben uns an. Ein Mann tat aussteigen. Er hatte eine Arzttasche in der Hand.

Als er sich vorstellte, kriegte die Mia augenblicklich gierigen Schmelz in den Augen, so wie neulich in Blackpool, als wir überraschend auf den Hollywood-Frosch gestoßen waren. Die Cora war ganz rot im Gesicht.
„Guten Tag, mein Name ist James Herriot“, hat der Mann gesagt.
„Ich kenn Sie aus dem Fernsehen“, hat die Mia gehaucht. Dazu machte sie eine Art Hofknicks.

Hä? Was war los?

„Das ist der Tierdoktor aus dem Fernsehen“, tat der Grunzer mir zuflüstern.

Aha. Und jetzt?

„Wo ist der Patient?“, wurde gefragt.
Ich dachte, gleich zieht er sich einen dünnen Gummihandschuh hoch hinauf bis an die Schulter, um dem Harald damit … So hatte ich es jedenfalls bei einem Tierdoktor auf der DVD von meiner Oma gesehen; so machen sie es dort auf dem englischen Land. Stattdessen hat er dem Harald aber nur am Pickel herumgetatscht, hat ihm Fragen gestellt und den Brustkorb abgehorcht. Ob der Harald allergisch sei, wollte er wissen.
„Bei uns in Deutschland hat er das nicht“, hat die Mia Auskunft gegeben.
Sie hatte das Heulen eingestellt.

Am Ende gab's Diagnose: Der Harald sei kerngesund. Der Pickel gehe wieder weg. Vielleicht zusätzlich mit Clerasil abtupfen. Vorsichtshalber aufs englische Breakfast verzichten, falls das die Ursache der Veränderungen sei. Zu Hause in Deutschland die Sache abklären lassen. Wahrscheinlich liege eine Allergie vor.

Das Honorar habe ich übernommen. Ich hatte Bargeld dabei. Dann ist der Mann wieder in seinen Wagen gestiegen und weggefahren.
„Dass der wieder praktiziert, seit die Fernsehserie vorbei ist – alle Achtung“, hat die Cora gemeint.
Die Mia war seitdem wie betäubt, so wie manche Frauen plötzlich auffällige Friedfertigkeit zeigen, wenn sie von einem Robbie-Williams-Konzert kommen. Jedenfalls tat sie die Klappe halten, und das war sehr begrüßenswert.


Wir sind zurück nach Harrogate gefahren. Genug in der Frischluft herumgegondelt. Ich hatte die Faxen dicke. Kurz die Krallen gewaschen, dann zum Abendessen gegangen. Dazu sind wir im Hotel geblieben. Ich habe ein Fleischgericht mit typisch regionalem Einschlag bestellt, denn das war jetzt auch schon egal nach dem bekloppten Nachmittag. 

Yorkshire-Pudding
Die Beilage heißt Yorshire-Pudding. Es handelt sich aber nicht, wie der Name vermuten lässt, um eine süße Weichspeise, sondern um ein fluffiges Backwerk aus leichtem Teig, das man zum Hauptgericht isst. Warum auch nicht? Wenn man es klein schneidet und in Soße wälzt, ist es fast so wie das Weißbrot der Italiener und Franzosen, womit man dort in den Tellern herumtunkt, nur dass der Yorkshire-Pudding gleich mit der restlichen Mahlzeit serviert wird. Der Harald fand den Windbeutel extrem lecker, der Pit hat das Roastbeef gefuttert.

Apropos Harald. Das Drama war noch nicht zu Ende. Nach dem Abendessen – es war ja noch hell – ist der Harald allein losgezogen, eine frische Badegelegenheit suchen, wie er behauptete. Nach einer halben Stunde ist die Mia hinterhergelaufen und wieder eine Zeit später der Pit mit der Digicam. Was sich da genau abgespielt hat in den Parkrabatten von Harrogate, ist mir nicht bekannt, aber der Pit  hat dieses Foto mitgebracht:

Das Mädchen heißt Kitty. Sie ist fünf Monate alt. Dann sind da noch bruchstückhafte Dialoge überliefert, in denen die Begriffe „Busenglotzer“, „Prolet“, „Obertusse“ und „Zickenterror“ eine Rolle spielten. Mehr hat sich der Pit leider nicht entlocken lassen, bis heute nicht, trotz großzügiger finanzieller Angebote meinerseits. Dabei wäre es doch wichtig zu wissen gewesen, um adäquat darauf reagieren zu können. So blieb mir nur, den Harald und die Mia auf gut Glück zusammenzuscheißen, als sie gegen Mitternacht zurückkamen. Sie sollten sich gefälligst zusammennehmen, habe ich gesagt. Ihr Ehekrach täte sich ungünstig auf die Stimmung auswirken. Außerdem wäre es ein schlechtes Vorbild für den Grunzer und die Cora, die damit noch keine fundierten Erfahrungen hätten und jetzt womöglich in die falsche Richtung inspiriert würden.

Ist doch wahr. Immer dieses Liebesgedöns. Ich weiß schon, warum ich mir die Weiber vom Hals halte. Und jetzt, viele Monate später, sitze ich allen Ernstes hier und schreib euch das alles auf, einfach weil's passiert ist und meine Reporterpflicht ist. Aber nicht, dass ihr jetzt denkt, dass ich jedes Mal so detailliert hinhorche. Ich wollte euch nur mal ganz realistisch vor Augen führen, mit war ich's zu tun hatte auf der Reise. Es war nicht alles nur Friede, Freude, Stadtbesichtigung und Eierkuchen. Da war auch viel Geheul, viel Gemecker und viel Gezanke.

Jetzt, wo ihr's mit dem Lesen bis hierher geschafft habt, wisst ihr ja, was ich gemeint haben könnte, nicht wahr? Möchte sich vielleicht jemand auf die Warteliste setzen lassen für spätere Reisen? Nein? Ach, sagt bloß. Hat's euch den Mut verschlagen? 

Fotos: Landkarte, Harrogate 1, Harrogate 2, Harrogate 3, Yorkshire 1, Schwan 2, Ente © Pixabay
          Schwan 1, Tomaten, Kutsche, Steinmauer, Yorkshire 2, Yorkshire-Pudding Auto © Morguefile

         Swan-Hotel Harrogate: © Graham Hogg/Geograph, Bild steht unter Creative Commons Licence

         Turkish baths in Harrogate: Petr Kratochvil/Public domain image 

         Betty's Tea Rooms in Harrogate: © Paul Buckingham/Geograph, Bild steht unter Creative Commons Licence

© Max: Papageiengeschichten

2 Kommentare :

  1. Also mir tut der Harald inzwischen unheimlich leid. Es sollte doch Urlaub sein. Euch Männern scheint das ja alles ziemlich egal zu sein. Mit Pit habe ich schon geschimpft. Der interessiert sich nur für sein Salami-Brötchen. Grunzer hofft wohl das er sich nicht auch noch verändert und Du Max machst Dir einen höllischen Spaß daraus. Pfui. Und Mia, die sollte ihn unterstützen und nicht noch auf ihm rumhacken. Sag dem Harald, jederzeit könnte er zu uns kommen und hier Urlaub machen um sich wieder zu erholen. Und wenn die Mia sich von ihm trennt, ich kann gut trösten. Das muss ich bei den Mädchen auch immer machen wenn sie mal traurig sind.
    Freu mich schon auf nächsten Sonntag.
    Amy

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    1. Ich war jetzt am Ententeich und habe dem Harald ausgerichtet, dass er zu euch kommen darf, wenn wir ihm nicht mehr gut genug sind. Er lässt dir herzlichen Dank sagen und dass ihn das freut, dass jemand so nett zu ihm ist; darauf würde er gern zurückgreifen, falls er mal etwas Erholung von der Mia brauchen täte. Du ersiehst daraus, dass sich die Mia nicht von ihm getrennt hat. Er sich von ihr übrigens auch nicht. Sie sind und bleiben ein bescheuertes Paar aus Grün mit Stummelbeinen und Weiß mit Plattlatschen. Einmalig auf der Welt. Ich könnte gut darauf verzichten.

      Warum du allerdings so auf Mitleid mit dem Harald machst, kann ich nicht verstehen. Fahr du doch mal auf Urlaub mit jemandem, der heute grau ist und morgen schwarz. Da erschrickt man sich doch dauernd vor jedem Spiegel und auch zwischendurch, weil man ständig denkt, es hätte sich jemand Fremdes mit ins Hotelzimmer gedrängelt. Und dann noch dieses knallrote Gedöns auf der Nase. Überall glotzen die Leute, als ob sich der Harald zu kräftig die Pickel ausgedrückt hätte. Das ist nicht angenehm, aber diese Seite der Medaille berücksichtigst du natürlich nicht. Uns Jungs war das keineswegs egal. Wir sind nicht ohne Mitleid. Schließlich haben wir den Harald überallhin mitgenommen, statt ihn im Hotelzimmer einzusperren. Doch Lob hören wir nicht, nur Vorwürfe.

      Aber bitte, du wirst schon sehen, was du davon hast, wenn dann du an unserer Stelle mit dem Leuchtkäse über den Deich maschieren darfst. Alle holsteinischen Schafen werden aufgucken und dich beneiden um diese Gesellschaft. Herzlichen Glückwunsch, Amy. Mach mal ein Bild davon. Wir warten.

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